Montag, 24. Januar 2011

Die Atmungsweisen im Qi Gong

Natürliche Atmung:

Das ist die ungezwungene, individuelle, natürliche Atmung, bei der die Atemzüge nicht willentlich beeinflusst werden.
Das kann entweder Brust- oder Bauchatmung sein oder ein Mischform von beiden Atmungsweisen.


Brustatmung:

Während man bei Säuglingen und Kleinkindern noch die Bauchatmung als natürliche Atmung findet, ist bei erwachsenen Menschen die Brustatmung die übliche Atemweise. Wann dieser Übergang von Bauchatmung zu Brustatmung vor sich geht, dürfte aufgrund der individuellen Umstände unterschiedlich sein. Gesichert scheint, dass die Bauchatmung durch die große Flexibilität und Beweglichkeit des gesamten Körpers des Kleinkindes in den ersten Lebensjahren gefördert wird und die Brustatmung nur untergeordnet vorkommt.

In jedem Fall geht der Übergang von Bauch- zu Brustatmung einher mit einer Verminderung der Gelenkigkeit, einer stärkeren Verkrümmung der Wirbelsäule und einer zunehmenden Verhärtung und Verspannung des Körpers, ungefähr ab dem siebenten Lebensjahr.

Bei der Brustatmung wird der Brustkorb bei der Einatmung vorgewölbt und bei der Ausatmung zusammengezogen. Durch äußere Einflüsse, wie körperliche Fehlhaltungen, sitzende oder den Rumpf beugende Tätigkeiten, Verspannungen, Stress etc. kann die Atmung sehr flach oder unregelmäßig werden.

Die atem-therapeutische Aufforderung, „tiefer zu atmen“, führt dann meistens nur zu einer intensiveren Beatmung des mittleren Lungenbereichs. Dadurch kommt es beim Einatmen zum Erweitern des Brustkorbs, aber zu keinem oder nur geringem Senken des Zwerchfells und beim Ausatmen zu keinem oder nur geringem Heben des Zwerchfells und zu einem Senken des Brustkorbs.

Durch die geringe Bewegung des Zwerchfells wird die vorhandene Lungenkapazität nicht genutzt, weil die notwendige Bewegung des Zwerchfells nach unten fehlt, um der Lunge genügend Volumen zum Atmen zu verschaffen. Durch das fehlende Heben des Zwerchfells beim Ausatmen funktioniert das Ausstoßen des giftigen Kohlendioxid nur ungenügend, was zur Verunreinigung des Blutes führt und die Entstehung von Krankheiten begünstigt.

Darüber hinaus wird das Herz im Gegensatz zur Bauchatmung bei der flachen Brustatmung durch das Fehlen des Druckgefälles in der Lunge beim Hochpumpen des venösen Blutes nicht unterstützt, wodurch die Gefahr für Herzprobleme, Kreislaufbeschwerden, Venenerkrankungen etc. gefördert wird.


Bauchatmung:

Beim Einatmen wird das Zwerchfell zusammengezogen und nach unten gedrückt und der Unterdruck im Spaltraum der Brusthöhle verstärkt, die Lunge dehnt sich aus und die Luft wird angesaugt. Auf das Senken des Zwerchfells folgt das Erweitern des Bauchraums und Heben der Bauchdecke . Der Unterbauch wölbt sich nach außen. Dem folgt ein geringes Erweitern des Brustkorbs.

Beim Ausatmen hebt sich das Zwerchfell, der Bauch zieht sich zusammen und es kommt zum Senken der Bauchdecke.
Diese Atembewegungen führen zu einem Effekt im Beckenbauchraum, der einem Blasebalg sehr ähnlich ist. Die entstehende Druck- und Sogwirkung bewirkt eine stärkere Durchblutung aller über und unter dem Zwerchfell liegenden Organe.

Diese Atmungsbewegungen haben im Qi Gong eine grundlegende Bedeutung für das Sammeln und Regenerieren des Qi im Unteren Dant'ien, dem Hauptenergiezentrum, das drei Querfinger unter dem Nabel im Beckenbauchraum liegt.
Die Atembewegung führt wie eine Pumpe zum Heben und Senken des Qi und verstärkt und unterstützt die Leistungsfähigkeit des gesamten Meridiansystems (Meridiane sind unsere Energieleitbahnen).

Das Einströmen des Atems ist nicht selten nach dem Eintreten der inneren Stille während des Übens von Qi Gong von tieferen Empfindungen begleitet, von der Wahrnehmung des alles durchdringenden Qi – Atems, der auch den geistig seelischen Bereich erfasst und ein unbeschreibliches Wohlbefinden hervorruft, auch ein Gefühl von innerer Ruhe und Harmonie. Das Empfinden, dass alles gut ist und Sinn hat, so, wie es ist.

In den östlichen Wegen der Meditation trägt die Vertiefung der Atmung wesentlich dazu bei, Entwicklungen im fein- stofflichen Bereich zu unterstützen und Meditierende auch auf spirituelle Erfahrungen vorzubereiten.


Paradoxe Atmung (umgekehrte Atmung):

Diese Atmung entspricht der Umkehrung der Bauchatmung. Bei der Einatmung wird das Zwerchfell gehoben und der Bauch eingezogen, bei der Ausatmung senkt sich das Zwerchfell und der Bauch wölbt sich vor.
Diese Atmung führt zu einer sehr effizienten Anregung des Qi-Flusses und ist auch Grundlage für andere Atemübungen. Auch bei dieser Atemführung sollte nichts erzwungen werden und der Körper sollte immer entspannt und locker sein. Gelingt das nicht, wartet man und übt sich in Geduld, bis sich diese Atmungsform auf ganz selbstverständliche Weise aus der Bauchatmung entwickeln lässt.

Die Einatmung wird mit einem sanften Anspannen des Perineums (Damm zwischen After und Geschlechtsteil) verbunden.


Atmung mit Atempausen (periodisch intermittierende Atmung):

Diese Atmungsform wurde bei den Post' s „Inneres Nährendes Qi Gong“ eingehend beschrieben. Es folgt dem Ein- oder Ausatmen eine kurze Pause. Diese Atemform wird in Kombination mit der Bauchatmung, wie in den angeführten Post' s beschrieben, zur Harmonisierung von Yin und Yang eingesetzt.


Die Wind(geräusch) Atmung:

Bei dieser Atmungsform wir durch die Nase geatmet, und zwar so heftig, dass der eigene Atem wie das Rauschen des Windes als Geräusch gehört wird.

Man atmet in einem Rhythmus zweier heftiger, aber trotzdem ohne Anstrengung weich fließender, aufeinanderfolgender, relativ kurzen Einatmungen und einer anschließenden längeren Ausatmung.

Also: Kurze Einatmung - kurze Einatmung – längere Ausatmung

Die Windatmung wird überwiegend im Gehen zur Behandlung schwerer, chronischer Erkrankungen und in der Krebstherapie eingesetzt und führt zu einer stark erhöhten Sauerstoffaufnahme


Atmungsform des „Öffnen und Schließens“ (Körperatmung)

Die Aufmerksamkeit liegt beim unteren Dant`ien und man stellt sich vor, dass sich sämtliche Poren des Körpers beim Einatmen öffnen (mit Ausnahme derer am Kopf), um universales Qi einzusaugen. Die paradoxe Atmung, verbunden mit einem sanften Anspannen des Perineums (Damm, zwischen Anus und Geschlechtsteil) unterstützt die Vorstellung, die weit hinaus in das Weltall reicht, um von dort reines, heilendes Qi zu holen.

Am Anfang des Übens dieser Atmungsform stellt man sich beim Ausatmen vor, dass sich die Poren schließen und das aufgenommene Qi im unteren Dant'ien gesammelt und bewahrt wird.

Im fortgeschrittenen Stadien erlangt man den Zustand, den man als Qi Gong Zustand bezeichnet, einen Zustand, wo Körper und Geist völlig im Einklang sind, ein Gefühl tiefer Harmonie, frei von umherirrenden Gedanken, und man kann dazu übergehen, sich bei der Ausatmung vorzustellen, das verbrauchte, toxische Qi durch die Poren abzustoßen, gleich dunklen kleinen Kugeln, die bis in die Unendlichkeit hinausgeschossen werden.


Grundsätzliches:

Wenn nicht anders beschrieben, erfolgt die Atmung bei allen Atmungsweisen durch die Nase.

Für die Durchführung aller angeführten Atemmethoden gilt, dass, bevor man mit dem Hauptteil der Übungen beginnt, einige male bewusst ein- und auszuatmen ist und dann nach der letzten, etwas tieferen Einatmung sehr konzentriert durch den Mund ausgeatmet wird , mit der Vorstellung, dass alles schlechte, verbrauchte, trübe Qi, das sich im Körper angesammelt hat und die Meridiane blockiert, mit der Ausatmung den Körper verlässt.

Dann atmet man neun mal locker, aber etwas tiefer durch und fühlt dabei, wie sich der Körper mit frischem Qi, strahlend wie helles Licht, füllt.

Achtung:

Die Bauchatmung ist relativ einfach zu erlernen, bei allen anderen Atmungsformen ist es empfehlenswert, einen erfahrenen Qi Gong Lehrer zu konsultieren oder entsprechende Kurse zu besuchen. Etwaige Fragen per Email oder Kommentare in diesem Blog beantworte ich sehr gerne.

Die Atmungsweisen „Embryonalatmung (Taixi)“, „Fußsohlenatmung“ und „Kleiner Himmlischer Kreiskauf“ werden aus Gründen der leichteren Verständlichkeit und der Fülle der Informationen Gegenstand eines gesonderten Post' s sein.


© Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

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