Samstag, 29. September 2012

Die Entstehung und der Zyklus von Wei Qi (Abwehr Qi)


Zum Verständnis eine kurze Zusammenfassung des bisher Geschriebenen:

Das Qi aus fester und flüssiger Nahrung („Gu Qi“) wird nach der Verdauung durch Magen und Dünndarm von der Milz durch den mittleren Ast des Meridians „Dreifachen Erwärmer“ zum Lunge hoch geschickt, wo sich
Gu Qi“ mit dem aus der Atemluft gewonnen „Da Qi“ vereinigt und das „Zong Qi“ bildet. 

Das „Zong Qi“ („Brust - oder „Sammel Qi“) wird zu zwei Drittel aus der festen und flüssigen Nahrung und zu einem Drittel aus der Atemluft gebildet.

Das „Zong Qi“ hat seinen Sitz im oberen Brustraum und ist eng mit „Lunge“ und „Herz“ verbunden.

Zong Qi“: 

Nährt die Lunge,
lenkt den Atem,
versorgt den ganzen Körpers mit Qi,
versorgt die Extremitäten mit Blut und erwärmt sie,
nährt das Herz,
steuert den Pulsschlag,
steuert über das Herz die Sprache und
über die Lunge die Stärke der Stimmen.

Schwaches „Zong Qi“ kann zu mangelnder Lebensfreude (Herz) und Depressionen (Lunge) führen.

Das „Zhen Qi“ („Das Wahre Qi“)

Das „Zhen Qi“ entsteht ebenfalls im Funktionskreis Lunge und ist die Verfeinerung des „Zong Qi“ durch Intervention des „Yuan Qi“ („Qi des Früheren Himmels“, „Vorgeburtliches Ererbtes Qi“).  

Die Nieren schicken „Yuan Qi“ über den unteren Ast des „Dreifachen Erwärmer“ hinauf zur Lunge. Im Gegenzug sinkt das „Zong Qi“ zu den Nieren ab und erwärmt sie.

Das „Zhen Qi“ wird in die Meridiane (Leitbahnen) eingespeist. Es ist das über die Akupunktur, Akupressur, Wärmebehandlung (Moxibustion) und Qi Gong an der Körperoberfläche aktivierbare Qi.

Das Zhen Qi erscheint in zwei Formen:

  1. Das Ying Qi (Nährendes Qi)
  2. Das Wei Qi (Abwehr Qi)


    Das „Ying Qi“ fließt nicht nur in den Leitbahnen, sondern durchströmt auch außerhalb der Meridiane gemeinsam mit Blut den Organismus, um den Körper zu nähren. Dieses Qi wird durch die Nadel bei der Akupunktur aktiviert und ist schon nach einigem Üben von Qi Gong durch Aufmerksamkeit lenkbar.

    „Ying Qi“  hat Yin Aspekt. Es wird auch das „Nährende Yin“ genannt.

Das „Wei Qi“ hat Yang Aspekt und Verteidigungsaufgaben gegenüber den äußeren Pathogenen Krankheitsfaktoren („Waisu“), die in den Körper eindringen wollen.


Der Zyklus des Wei Qi:

Die Lunge reguliert;

 „Atem Qi“ (Da Qi),
Brust Qi“ („Zong Qi“),
Abwehr Qi“ („Wei Qi“) und
Körperflüssigkeiten „Jin Ye“!

Das „Wei Qi“ zirkuliert im Wachzustand kontrollierend und wärmend an der Körperoberfläche (in den „Lo“ Gefäßen der Unterhaut) und reguliert durch Öffnen und Schließen der Haut - Poren das Schwitzen.

Ist der Funktionskreis Lunge schwach, so resultiert daraus auch eine Schwäche des „Wei Qi“, die mit ständigem Schwitzen und Frösteln, eventuell mit Schnarchen und Schleim, sowie mit erhöhter Infektanfälligkeit und chronischen Infekten einhergeht .

Das „Wei Qi“ schützt tagsüber nach außen gegen die „Liu Yin“ (und auch gegen sonstige äußere Pathogene Faktoren) und bewegt sich abends nach Innen, man wird müde und schläft ein.
Nachts wird es zum Schutzschild der inneren Organe. Es wird deshalb auch „Verteidigungs-Yang“ genannt.

In diesem Zusammenhang könnte es auch in einem gesondertem Post interessant sein, den Zusammenhang einer Lungenschwäche mit der Atemseele „Po“ darzustellen, die nach daoistischer Ansicht für unseren Lebensrhythmus verantwortlich ist.
Vorweg kann angemerkt werden, daß eine schwache Lunge immer auch auf eine schwache „Po- Atemseele“ hinweist. Denn in einer schwachen Lunge findet Po in einem mit Problemen beladenen Lebenszyklus keine
solide Basis und Verankerung.

Aber dazu mehr in einem gesonderten Post über „Po“ (Atemseele) und „Hun“ (Wanderseele).

Das „Wei Qi“ zirkuliert am Tag in 25 Umläufen an der Körperoberfläche. Morgens, wenn wir aufwachen, öffnen wir die Augen, bewegen die Augenlider und blinzeln. Vielleicht reiben wir uns auch die Augen. Mit dem Öffnen der Augen aktivieren wir das „Wei Qi“.

Das „Wei Qi“ befindet sich beim Aufwachen im Bereich der inneren Augenwinkel, genannt Blasenmeridian 1 (chinesisch „Jingming“). Durch das Öffnen der Augen wird das “Wei Qi“ unverzüglich aktiviert und es übernimmt sofort seine Schutzaufgaben. Das „Wei Qi“ strömt zu unseren Sinnesorganen, also zu

Augen,
Ohren,
Nase,
Mund und
Gehirn,

und verteilt sich im Gesicht, um dieses zu schützten. Das noch zur Verfügung stehende „Wei Qi“ fließt  in den Nacken zum Bereich Lenkergefäß („Du Mai“) 14, chinesisch „Da Zhui“, zwischen 7. Halswirbel und 1. Brustwirbel, um sich zu dort zu sammeln und neu zu strukturieren.

Von diesem Nackenbereich „Da Zhui“ startet nun das Wei Qi seine Schutzfunktionen und beginnt in die beiden „Taiyang - Meridiane“ an der Körper-Rückseite (Dünndarm - Blase) zu fließen und folgt dann den beiden „Shaoyang - Meridianen“ seitlich am Körper (Dreifacher Erwärmer - Gallenblase) und fließt dann in die zwei „Yangming - Meridiane“ an der Körper Vorderseite (Dünndarm - Magen), von wo es seinen Weg in die Yin Meridiane fortsetzt, um danach den Kreislauf neu beginnen.

Nachts zieht sich das „Wei Qi“ in das Körperinnere in die Organe zurück, also zuerst in Niere, dann Herz, Lunge, Leber und letzlich in die Milz, von wo es sich bei Tagesbeginn wieder auf den Weg zu den Augenwinkeln macht, um sich dort zu sammeln. Gelangt das „Wei Qi“ in den Bereich „Jingming“ (Blase 1), ist das für den Körper das Signal zum Erwachen und die Augen zu öffnen.

Sämtliche Qi Gong Übungen regeln und synchronisieren Geist, Atmung und Körper. Sie nähren die 3 Schätze „Jing“, „Qi“ und „Shen“, gleichen Yin und Yang aus und bringen das Qi der Meridiane zum Fließen. Daraus resultiert auch die Stärkung des Wei Qi und damit der körpereigenen Abwehrkräfte.

Darüber hinaus sind die „Stärkenden Äußeren Übungen“ (siehe den entsprechenden Post in diesem Blog) eine hervorragende Methode, mit sehr einfachen zu lernenden Übungen das „Wei Qi“  effizient zu aktivieren und zu stärken.




© 2012 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann