Dienstag, 20. September 2011

Zhan Zhuang – Stehen wie ein Baum, Stehen wie ein Pfahl


Zhan Zhuang (Dscham Dschong) ist eine der bekanntesten traditionellen daoistischen Übungen und wurde schon im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung von Laotse im „Dao-de-jing“, das die wichtigste Grundlage der daoistischen Philosophie und Religion darstellt, als „Steh-Meditation“ eindrucksvoll beschrieben:



Alleine stehst du, unwandelbar und nimmst alle Geheimnisse wahr, gegenwärtig in jedem Augenblick und im unendlichen Fließen: Das ist das Tor zu unbeschreiblichen Wundern.“

Und an anderer Stelle:


Stille und Ruhe bringen die ganze Welt ins rechte Maß zurück.“

Im „Huang Di Nei Jing“, dem klassischen Werk über Innere Medizin, das inhaltlich dem Gelben Kaiser (Huang Di) zugeschrieben wird, der im 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung gelebt haben soll, [(bestehend aus den beiden Büchern „Su Queen“ (Fragen und Antworten) und

„Ling Shu“ („Geheimnis der Schaniere [Verbindungen]“)]gibt es Hinweise, dass diese Übung des Stillen Qi Gong schon in der Urzeit der chinesischen Medizin bekannt war.
Der Gelbe Kaiser fragt seinen Berater, den Weisen „Khi Pa (Bao)“:


Ich habe gehört, dass es in alten Zeiten geistige Wesen gab,

die standen zwischen Himmel und Erde und verbanden das Universum,

sie verstanden Yin und Yang und lenkten die Prinzipien der Natur,

sie atmeten den Stoff des Lebens,

sie versenkten sich bewegungslos in den Geist des Lebens ...“

Für den berühmten General Yue Fei, ein historischer chinesischer Heerführer und Volksheld der Song Dynastie im 12. Jh. n. Chr., hatte seine überragenden militärischen Erfolge der gründlichen und intensiven Ausbildung und der außergewöhnlichen körperlichen Konstitution seiner Soldaten zu verdanken.

Die Basis Übung seiner Soldaten war „Zhan Zhuang“.

Zhan Zhuang ist auch heute noch Grundlage der daoistischen Kampfkünste. Auch in der Kampfschule von meinem Meister „You Xuande“ im Wudangshan (in den Bergen von Wudang) und in den Kampfschulen aller seiner Meisterschüler wird der Tradition entsprechend Zhan Zhuang als Basisübung aller Inneren Kampfkünste unterrichtet.

Tai Ji Quan wird von den Daoisten als „Mutter der zehntausend Kampfkünste“ bezeichnet.

Tai Ji Quan steht innerhalb der daoistischen Tradition und Praxis über allen anderen Inneren Kampf-Stilen. Und Tai Ji Quan auf hohem Niveau ist ohne Zhan Zhuang undenkbar.

Doch schon beim Erlernen der inneren Kampfkünste, beim körperlichen Koordinationstraining , bei dem das Üben flüssiger äußerer Bewegungsabläufe im Vordergrund steht, wird gleichzeitig Zhan Zhuang praktiziert. Durch Zhan Zhuang wird einerseits die Körperhaltung so korrigiert, dass die Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder für den Qi Fluss geöffnet werden, sodass Qi frei im Körper zirkulieren kann. Anderseits wird neben der äußeren Bewegung und Körperstruktur auch die innere Bewegung, die energetische Bewegung von Qi verbessert.

Bei der Stehübung Zhan Zhuang richtet man die Aufmerksamkeit auf das Untere Dant'ien, das im Laufe der Übungen immer mehr und immer selbstverständlicher zum Mittelpunkt des Körpers wird.

Da Atem und Aufmerksamkeit auf diesen Körpermittelpunkt (etwa 4 Querfinger unter dem Nabel) gerichtet sind und das Qi der Aufmerksamkeit (Yi) folgt, werden die drei Schätze Jing, Qi und Shen (=auch Yi) im Unteren Dant'ien gesammelt und gepflegt. Das absinkende Herzfeuer (Yang) kann die Nieren wärmen und das Yin der Nieren kann das Herz (die Emotionen) kühlen .

Erst durch die Innere Übungs-Praxis (Neigong) erlangt man das Zusammenspiel von Innen und Außen, erst dadurch wird die äußere Form mit Inhalt, mit Qi gefüllt. Zhan Zhuang ist eine wesentliche Übung zum Leiten und Führen der Aufmerksamkeit (Yishi Daoyin) und zum vermehren des Nei Qi.

Das bewirkt nicht nur im Tai Ji Quan, sondern auch im täglichen Leben, dass die/der Übende sich weich, locker und sanft bewegt und trotzdem stark und kraftvoll ist. Durch das Innere und Äußere Training wird Körper und Geist vollkommen harmonisch, alles fließt, ist rund, sanft und mühelos.

Nur durch gleichzeitige Entwicklung der äußeren Form und der Inneren Übungspraxis ist ein hohes Niveau in den Inneren Kampfkünsten und völlige Harmonie in der Ganzheit der alltäglichen Bewegungen zu erreichen.

Das Üben von Zhan Zhuang gibt uns die Chance, unsere ganze Körperstruktur und Körperhaltung zu verbessern. Wir sollten uns bewusst sein, dass Körper – Geist – Seele untrennbar miteinander verbunden sind. Alle Probleme in Geist und Psyche wirken auf Atmung und Körperhaltung. Körperliche und seelische Verletzungen, unsere Erziehung, unsere sozialen und emotionalen Prägungen, unsere Ernährung und die klimatischen Einflüsse beeinflussen und verändern im Laufe unseres Lebens Körperstrukur und Körperhaltung. Und unser „Sein“ entwickelt sich aus unserem „Bewusstsein“.

Durch Zhan Zhuang finden wir zu unserer Körpermitte. Mit dem körperlichen, finden wir auch unser geistig-seelisches Gleichgewicht. Nach einigem mühsamen Üben lernen wir entspannt und locker zu stehen, erfahren äußere Ruhe und innere Stille, erlangen den Qi Gong Zustand, der bewirkt, dass unsere prägenden Muster allmählich gelöscht werden.

Durch das Üben von Zhan Zhuang verbindet man das Obere Dant'ien als Speicher des Geistes (Shen) mit dem mittleren Dant'ien als Kammer des Qi und das Untere Dant'ien, wo Jing, Qi und Shen zusammenfließen. Wenn alle drei Dant'ian kultiviert werden und durchlässig sind, dann sind Jing, Qi und Shen voll und reichlich vorhanden und die Innere Kraft und Gesundheit von KörperGeistSeele übersteigt alle Erwartungen um ein Vielfaches. Das ist einer der Hauptinhalte der Inneren Übungen (Neigong) der Wudang-Schule.

Zhan Zhuang wurde im Soge der Wiederentdeckung der lange Zeit verpönten TCM (Traditionellen Chinesischen Medizin) in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in China einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Großmeister Wang Xiang Zhai, ein berühmter Kampfkünstler, baute die ersten Qi Gong Krankenhäuser in China auf und sein Schüler, Professor Yu Yong Nian führte Zhan Zhuang erfolgreich 1953 zur Behandlung chronischer Krankheiten ein und schrieb über seine Behandlungserfolge sein 1982 erschienenes Buch, das über 500.000 mal verkauft wurde. Etwa zur gleichen Zeit hatte Dr. Liu-kui-chen in seinen Atemtherapeutischen Sanatorien in China mit dem in diesem Blog schon beschriebenen „Inneren Nährenden Qi Gong“ und „Nei Yang Gong“ ebenfalls außergewöhnliche Heilerfolge.

Das System des Zhan Zhuang:

In diesem System gibt es eine Vielzahl von Positionen im Stehen, Sitzen und Liegen, weil das ursprünglich im Stehen praktizierte daoistische Zhan Zhuang einerseits den Möglichkeiten von alten und kranken Übenden angepasst wurde und anderseits von Kampfkünstlern für bestimmte Kampf- Stile besonders geeignete Positionen generiert wurden. Empfohlener Blog

In diesem Blog wird die einfachste Standposition besprochen und erklärt, die bei entspanntem Stehen ausgeführt wird. Werden dieser Übung weitere Übungen angeschlossen, so genügt eine Übungsdauer von 5 – 10 Minuten. Wird das entspannte Stehen als Hauptübung durchgeführt, so sollte 20 – 40 Minuten geübt werden.

Die Wirkung von Zhan Zhuang:

Durch das Zhan Zhuang erreicht der Übende äußere Ruhe und innere Stille. Dadurch gerät das Qi in Bewegung und kann ungehindert durch die Meridiane fließen. Das führt zu einer natürlichen Regulierung der Meridiane von Innen nach Außen und von Außen nach Innen, und zu einem Natürlichen Fluss des Qi und einem dynamischen Ausgleich von Yin und Yang in der Oberen und unteren Körperhälfte.

Beim Ausatmen sinkt das Schwere (Yin) hinunter, beim Einatmen steigt das Leichte (Yang) auf. Lenkt man nun die Aufmerksamkeit beim Üben auf das unter Dant'ien, dann sinkt der Körperschwerpunkt von selbst allmählich nach unten. Dann erreichen wir den Zustand, der mit „unten fest und oben leicht“ bezeichnet wird und der nach daoistischer Ansicht dazu führt, dass die Jugend allmählich zurückkehrt!

Wir modernen Menschen sind ja in der Regel „oben voll und unten leer“. Unser Erleben spielt sich im Kopf ab, wir hirnen (denken) unaufhörlich, die Gedanken kreisen und stören unseren gesunden Schlaf, der Mensch unser Zeit wird von Reizen überflutet, hat beruflichen Druck, Terminstress, er ist ständig aktiv und wird letztlich überfordert bzw. überfordert sich selbst. Dazu kommt, dass das Herz (als Funktionskreis) der Raum der Emotionen ist. Zuviel an Emotionen schädigen unsere Gesundheit, und zwar auch die pathologische Freude (Xi). Im Gegensatz zur gesunden ritualisierten Freude (Le), zum Beispiel Freude über einen Genuß nach getaner Arbeit.

Gehirnrinde und Herz werden zur Mitte unserer Aufmerksamkeit. Wie schon erwähnt, das Qi folgt Yi (der Aufmerksamkeit) und der Körperschwerpunkt wandert nach oben, wo eine Energiefülle in Kopf und/oder Brust zu Kopfschmerz, Herzkreislaufproblemen und vieles mehr führen kann.

Die Ärzte der TCM stellen fest, dass durch unsere Lebensgewohnheiten, durch unsere Ernährung (Alkohol, Drogen, Fett, Coca Cola, Frittiertes ...), unser Umfeld, Überbelastung usw. Hitze (Yang) überwiegt. Innere Hitze nimmt überhand, es kommt zum Ungleichgewicht von Yin und Yang. Disharmonie von Yin und Yang wird als Krankheit definiert. Eine der Folge wäre z. B. Leberstase oder gar überschießendes Leberyang, das andere Organe attackiert

Deshalb richtet man seine Aufmerksamkeit, außer beim Blutniederdruck und typischem Yang -Mangel, immer auf das Untere Dant'ien und damit auf des Absinken des Qi.

Dadurch wird beim Ausatmen der Großteil des absinkenden Qi im Unteren Dant'ian gesammelt und bei richtiger Erdung und Verwurzelung der Rest über die Verdauungsorgane und in die Erde hinausgeleitet wird.

Das Aus-leiten von verbrauchtem Qi nach unten führt auch zum Aufsteigen frischer Energie an der Körperrückseite, von der wiederum ein Großteil vom Ming Men in das Untere Dant'ien geleitet und zur Erwärmung der Nieren  zur Stärkung  des Ming Men - Feuers gesammelt wird. Der Rest des Qi steigt bei frei durchgängigem Du Mai zum Scheitel auf.

Dadurch kommt viel Jing, Qi und Shen in den Schmelzofen (Goldener Ofen) des Unteren Datien.

Durch dass Absinken des Shen aus dem Herzen werden mit dem Herzfeuers auch allmählich  die pathogenen Emotionen, deren Sitz im Herzen ist, in das Untere Dant'ien geleitet und negative Energien gereinigt und umgewandelt.

Wir werden dadurch also „oben leicht“. Das bezieht sich natürlich auch auf den Geist, auf unser Shen im „Oberen Dant'ien“. Wir werden "unten schwer". Blut, Lymphe. Gewebsflüssigkeit und die schweren Substanzen (Körpersäfte) sinken ab. Von den "Jin + Ye", den Körpersäften, sinken insbesondere die Trüben (Jin) ab und werden ausgeleitet. Das sind Schleim, Urin und Kot.

Das körperlich-gestig-seelische „Locker-sein“ führt zur Entspannung der Cortex und fördert den protektiven, inhibitorischen Ruhezustand.

Dieser spezielle Zustand der Großhirnrinde heißt auch „Qi Gong Zustand“, in dem das vegetative Nervensystem indirekt dazu beeinflusst wird, seinen Aufgaben besser nachzukommen und die inneren Organe deutlich messbar mehr mit Blut und damit mit Qi zu versorgen, was sich erwiesener Maßen auf die Reparaturvorgänge in den Zellen positiv auswirkt.

Die Stehübung des Zhan Zhuang führt zu einer Verbesserung des Allgemeinzustands und Neustrukturierung von KörperGeistSeele.

Die Standposition:

Beim Üben im Stehen sind die Füße schulterbreit auseinander. Die Füße sind parallel mit nach vorne gerichteten Zehen. Beide Füße werden gleich belastet, das Gewicht liegt mehr auf den Zehen-ballen als auf den Fersen, verbunden mit der Vorstellung, dass die Fußsohlen mit imaginierten Wurzeln tief in die Erde reichen.

Die Knie sind in der Grundstellung leicht gebeugt, nicht durchgestreckt. Die Knie sollten nur so weit abgewinkelt werden, dass die lotrechte Linie vom Knie zu den Zehen nicht über die Zehen hinausragt. Die Knie sind leicht nach außen zu öffnen, keinesfalls soll man sogenannte X – Beine machen. Es soll ein sehr sanfter Zug nach außen in den Knien spürbar sein und die vertikale Mitte der Kniescheibe senkrecht über dem mittleren Zeh liegen. Dies ist wichtig, weil die Knie mit dem Blutkreislauf und dem Fluss des Qi korrespondieren. Fehlstellungen der Knie würden den Blut- und Qi -fluss in den Meridianen der Beine behindern.

Beim Einatmen durch die Nase wird in der Vorstellung in das Untere Dant'ien eingeatmet (sanfte und immer tiefer werdende Bauchatmung), beim Ausatmen wird der Damm und die Gesäß- und untere Bauchmuskulatur leicht ohne Kraftaufwand angespannt.

Beim Einatmen wird der Bauchraum entspannt, dadurch vergrößert sich der Raum des „Unteren Dant'ien“ und kann sich besser mit Qi füllen. Die Zunge bleibt während der ganzen Übungsdauer am oberen Gaumenbogen hinter den Schneidezähne.

Ein wichtiges Prinzip im Qi Gong besagt: „Unten fest, Oben leicht!“

Man fühlt mit der Fortdauer der Übungen eine intensive Beziehung zum Boden und erdet sich und verwurzelt sich in der Vorstellung ganz tief im Boden, es empfielt sich, am Beginn der Stehübung die Zehen bewußt einige mal gegen den Boden zu drücken, gleichzeitig wird der Körper ab der Taille immer leichter, ohne Druck und Anspannung, er hängt oder schwebt quasi am Seidenfaden, der (gedacht) am Scheitelpunkt (Bai Hui) angebracht ist und vom Himmel gehalten wird.

Das Becken ist leicht nach vorne gekippt, es ist also das Gegenteil eines Hohlkreuzes, und der Rücken kann dadurch gerade aufgerichtet werden. Diese Position ähnelt jener, die man einnimmt, wenn man gerade dabei ist, sich zu setzen. Gelingt es in dieser Position, die Bauchmuskulatur zur Probe kurz anzuspannen und dann den Bauchraum zu entspannen, dann stimmt die Beckenstellung.

Der Kopf ist wie beim oftmals beschriebenen Sitzen locker aufgerichtet, das Kinn ein wenig zur Brust angezogen und der Scheitelpunkt liegt über dem Dammpunkt. So kann Qi und Blut über dem Rücken aufsteigen und das Gehirn versorgen.

Stellt man sich vor, dass der Kopf am Scheitelpunkt auf einem Seidenfaden hängt, dann gelingt auch die Vorstellung, dass die einzelnen Wirbel der Wirbelsäule wie Perlen an einer Perlenschnur senkrecht hinunter hängen bis zum Steißbein.

Die Lippen sind leicht geschlossen, die Zähne sind nicht aufeinandergepreßt, sonder ruhen leicht aufeinander. Die Augen sind fast geschlossen. Dadurch wird das Austreten und Verlieren von Qi verhindert. Durch das Positionieren der Zungenspitze hinter den oberen Schneidezähnen entsteht die „Elsternbrücke“, dadurch werden Du Mai (Lenkergefäß) und Ren Mai (Konzeptionsgefäß) verbunden und der „Kleine Himmlische Kreislauf“ wird geschlossen.

Die Schulter hängen leicht und entspannt und die Brust ist nicht hinausgestreckt, sondern leicht eingezogen. Das entspannt die Brustmuskulatur. Die Arme hängen seitlich locker herab, und zwar einige Zentimeter weit vom Körper weg, sodass man in die Achselhöhlen jeweils einen Tischtennisball legen könnte. Es hilft auch die Vorstellung, dass in den Achseln ein rohes Ei gehalten wird, das einerseits nicht zerdrückt werden soll und anderseits nicht hinunter fallen darf. Dadurch sind die Achselhöhlen geöffnet und das Qi kann frei fließen.

Die Arme werden dann vor dem Körper zur Brusthöhe so angehoben, die Ellbogen sind locker und leicht gebeugt und und werden leicht fallen gelassen, das heißt, sie sind etwas tiefer als die Hände, die so gehalten werden, als ob man einen leichten Ball oder Luftballon sanft zur Brust drücken würde oder wie bei einer Geste des Umarmens. Dabei sind Arme und Hände völlig locker und Schulter- Ellbogen und Handgelenke entspannt und für den Qi- und Blutfluss offen.

Knie und Ellbogen korrespondieren. Wie die Knie für die unteren Extremitäten sind die Ellbogen für die oberen Extremitäten die Gelenke mit dem größten Einfluss auf das natürliche Fließen von Qi und Blut.

Wichtig: Qi bewegt das Blut, Blut ist die Heimat des Qi!

Die Hände werden hohl gemacht, die Finger berühren einander nicht und sind leicht gekrümmt. Die Handinnenseiten weisen zur Brust, die Finger zeigen mit den Spitzen locker zueinander, dürfen also nicht gestreckt, gespreizt oder zusammengekrallt sein. Die Fingerspitzen zeigen zueinander in einem Abstand von etwa 10 bis 20 Zentimeter.

Übende mit normalem Blutdruck heben die Arme auf Brusthöhe, die Handflächen zeigen zur Brust.

Übende mit Bluthochdruck sollten die Arme nur bis Nabel- oder Magenhöhe hochheben,
zusätzlich können je nach Wohlgefühl die Handinnenflächen zum Boden gerichtet werden.

Übende mit Blutniederdruck sollten die Arme über die Brusthöhe heben, zusätzlich können die Handinnenfläche je nach Wohlgefühl nach oben gerichtet werden.

Bei allen Übungen des Qi Gong, also auch bei „Zhan Zhuang“ ist es wichtig, dass die Handgelenke entspannt und locker sind.

Dazu werden die Hände hohl gemacht und die Finger leicht gekrümmt. Das nennt man „Drachenhände“, die gemeinsam mit den geschmeidigen Handgelenken und den geöffneten Achseln zu einer Regulierung der Meridiane des Oberkörpers führen.

Die Augen sind leicht geöffnet, der Blick ist leer und einige Meter nach vorne unten gerichtet, ohne irgendetwas zu fixieren. Der Blick kann aber auch in der Vorstellung im Bereich zwischen den Augen („Yin Tang“ - „Himmelsauge“) nach Innen gerichtet sein. Wir verlieren täglich viel Qi durch die Augen!

Das im Qi Gong obligatorische sanfte Lächeln ist verbunden mit einer Entspannen des „Yin Tang“ Bereichs (über der Nasenwurzel zwischen den Augen). Das führt nicht nur zur Entspannung der mimischen Muskulatur, sondern auch zu einer besseren Durchblutung des Kopfes und vor allem einiger Teile des Gehirns.

Hinsichtlich der Stehhöhe (abhängig vom Winkel der Knie) ist es ratsam, dass Anfänger darauf achten, die Knie nie durchzustrecken. Anderseits soll aber keine zu tiefe Position eingenommen werden. Das wäre mit einer zu großen Anstrengung verbunden, und würde kontraproduktiv zu Ablenkung und Verkrampfung führen und die Übungsdauer extrem verkürzen.

Der Übungsort:

Optimal ist ein schöner, ruhiger, störungsfreier Platz in der Natur, im Garten, Park, Wald usw.

Bei Regen, Gewitter und Wind sollte nicht geübt werden.

Ist das Üben im Freien nicht möglich, sollte ein heller, freundlicher und gut durchlüfteter Raum gewählt werden. Man darf keinesfalls in der Zugluft stehen.

Offene Türen schließen und sich vor störendem Lärm schützen ist sehr wichtig, vor allem sollte jähe plötzliche Lärmquellen wie Telefon ausgeschaltet werden.

Kleidung:

Lockere Kleidung, die Bewegungsfreiheit in alle Richtungen erlaubt ist wichtig. Am besten keine Kunstfasern (keine elektrostatische Aufladungen hervorrufen), sondern luftige Kleidung ohne beengenden Gürtel.

Persönliche Habseligkeiten:

Die persönlichen Habseligkeiten werden gemeinsam mit allen störenden Gedanken vor dem Übungsbeginn abgelegt!


Vor Übungsbeginn:

Von oben nach unten entspannen (Vorstellung einer  inneren und äußeren Dusche), sodass äußere Ruhe und innere Stille eintritt.
Dreimal durch die Nase einatmen und durch den Mund die Atemluft aushauchen mit der Vorstellung, "Negative Energie hinaus"!
Dreimal in den Unterbauch einatmen und sich dabei vorstellen, das Qi im Unteren Dant'ien zu sammeln.

Oder mit dem Einatmen das Qi gedanklich von den Fersen zum Scheitel über Hinterbeine und Rücken hochziehen und beim Ausatmen über Gesicht, Oberkörper und Vorderseite der Beine
zweimal in die Erde leiten und beim dritten mal im Unteren Dant'ien enden und dort das Qi sammeln.


Nach der Übung:

Mit den aufeinanderliegenden Händen im Uhrzeigersinn 36 mal in größer werdenden Kreisen den Unterbauch um das Untere Dant'ien massieren und 24 mal gegen den Uhrzeigersinn mit kleiner werdenden Kreisen zurück. Nicht über Nabel und Schambein hinaus massieren!


Die Übungsdauer:


Werden an diese Übung weitere angeschlossen, so ist eine Übungsdauer von 5 -10 Minuten zu empfehlen

Wird Zhan Zhuang als Hauptübung durchgeführt, so sollte 20 – 40 Minuten geübt werden.

Bei täglichem Üben mit der Übungsdauer von etwa 30 - 40 Minuten wird das Qi- Potential erheblich erhöht. Die Dysbalance von Yin und Yang wird beseitigt werden und das Aktivitätspotential wird durch die Stärkung des Qi des Früheren Himmels die Vitalität, die Gesundheit und die Lebensfreude eklatant verbessern.

Die Fertigkeit der relativen Ruhigstellung der Großhirnrinde wird zunehmen und dadurch die Wirkung der Emotionen auf das Großhirn mindern. Umso besser wird die Großhirnrinde ihre Schutzfunktion gegen Krankheitsbefall wahrnehmen und das Immunsystem stärken.

Es kann auch vorkommen, dass die/der Übende in einen tiefen, tranceähnlichen Zustand ohne Raum und Zeit, ohne Form und Vorstellung sinkt. Sie/Er wird sich des eignen Selbst, ihrer/seiner abgetrennten „Existenz“ nicht mehr bewußt sein, sich mit den eigenen Erkenntnissen, Plänen und Aktivitäten nicht mehr identifizieren und nach der Übung wissen, dass sie/er eine völlig neue geistig seelische Landschaft ohne Begrenzungen betreten hat. 

Die Daoisten bezeichnen diesen Zustand als „WU WEI“. Als Zustand des „Nicht Tuns“, des „Absichtslosen Tuns“ oder „Wollen im Nicht Wollen“.

Es kann durchaus vorkommen, dass während des Übens mehrere Stunden vergangen waren, und das erst nach der Übung registriert.

Für alle an der TCM besonders interessierte Leser hier ein guter Hinweis.





©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann




Samstag, 20. August 2011

Übungen des „Äußeren Stärkenden Qi Gong"

Wie schon vielfach in diesem Blog beschrieben, ist Grundlage von jedem Qi Gong immer Entspannung des gesamten Körpers und innere Ruhe und Stille.

Ein weiterer Grundsatz des Qi Gong ist, dass das „Stille Qi Gong“ immer durch „Qi Gong in Bewegung“ ergänzt bzw. komplettiert werden muss und umgekehrt.

Das gilt seit Alters her auch für die Übungen des „Inneren Nährenden Qi Gong“ und des „Inneren Stärkenden Qi Gong“.

In diesem Sinne komplettieren die Übungen des „Äußeren Stärkenden Qi Gong“ die „Inneren Übungen“. Die „Äußeren Stärkenden Übungen“ können sowohl im Stehen wie auch im Sitzen ausgeführt werden.

Beim „Stillen Qi Gong“ richtet sich die Aufmerksamkeit des Übenden im Sitzen , Liegen oder Stehen auf die Atmung, und wenn diese von alleine fließt, auf das Untere Dant'ien. Während im Äußeren Ruhe herrscht, erfolgt im Inneren die Bewegung des Qi Flusses, der vom Dant'ien in bestimmte Leitbahnen und Kreisläufe zu strömen beginnt.

Die Übungen in Bewegungen unterscheiden sich von den Übungen in Ruhe dadurch, dass die physischen Bewegungen oder Aktivitäten die Energie mit dem Atem durch den ganzen Körper führen.

Der alte daoistische Begriff dafür war „Dao-Yin-Shu“, übersetzt „Technik der Atemführung“.

Der Begriff „DAOYIN“ wurde erst in den 1950-er Jahren durch den heute üblichen Begriff
Qi Gong“, in der Bedeutung von „Arbeiten mit Qi“, ersetzt..

In die historischen Übungen aus den daoistischen und buddhistischen Tempeln flossen im Laufe der Zeit auch neue Bewegungsübungen mit ein. Viele Ärzte wandten die altem Übungsmethoden an und reicherten sie mit ihrer Erfahrung an. Diese Übungen wurden von traditionellen Ärztefamilien gesammelt und den Nachkommen und Schülern gelehrt. Die überlieferten Übungen wurden von den modernen chinesischen Ärzte in verschiedenen chinesischen Kliniken angewandt. Der in diesem Blog schon oft erwähnte Dr. Liu Kui-chen hat solche Traditionen gesammelt und als Leiter des Atemtherapeutischen Institutes von T'angschan gesammelt, an sich in Selbstversuchen und dann an Patienten probiert und publiziert. Die medizinische Wirksamkeit dieser Übungen wurde in zahlreichen medizinischen Studien bestätigt und auch vom berühmten russischen Arzt Prof. Krasnoselski überprüft und für das Sanatorium auf der Halbinsel Krim übernommen.

Einige dieser „Stärkenden Äußeren Übungen“ finden sich in anderen Systemen wieder, so zum Beispiel bei den „Acht Eleganten Übungen im Sitzen“ („Ba Duan Jin“) und auch in anderen alten Übungsreihen. Ich stelle hier von den vielen mir bekannten Übungen nur jene vor, die ich bei meinen daoistischen Lehrern in China erlernte und selbst nahezu jeden Tag seit vielen Jahren praktiziere. Sie decken sich nur teilweise mit den Übungen der TCM für kranke Patienten in den Sanatorien.

Die Stärkenden Übungen sind für uns westliche Menschen sehr einfach zu lernen, stellen ein eigenes, wertvolles und hoch effizientes Übungssystem dar und eignen sich auch bestens dazu, nach anderen Übungen, seien sie aus dem „Jing Gong“ oder „Dong Gong“, zum Auflösen eventuell verbliebener Blockaden eingesetzt zu werden. Diese Übungen haben sich bei allen von mir unterrichteten Qi Gong Adepten, auch bei Senioren, als wahrer Jungbrunnen erwiesen und es gibt kaum ein verleichbares System, das z.B. in Arbeitspausen mit wenig Zeitaufwand das Qi so anregt und in den Leitbahnen zum Zirkulieren bringt. Auch zum Erfrischen bei Pausen auf Reisen eignen sich diese Übungen bestens. Man kann auch problemlos bei Zeitmangel einzelne Übungen auswählen und praktizieren, die einem besonders gut tun.

  1. Das Gesichtreiben(-waschen)
Die Handflächen werden solange aneinander gerieben, bis sie warm sind und dann wird das Gesicht von oben nach unten und von unten nach oben wie beim Waschen gerieben, am besten
18 mal, dabei wird das ganze Gesicht und einige male auch mit den Daumen hinter den Ohren gerieben. Diese Gesichtsmassage ist anregend für die Gesichtsnerven und verhindert Faltenbildung. Die Durchblutung wird gefördert und die Haut bekommt eine gesunde Farbe.

  1. Das Nasenreiben

Die Seiten der Zeigefinger werden solange aneinander gerieben, bis sie warm sind und man reibt mit beiden Zeigefingern entlang der Nasenflügel von den Mundwinkel hinauf bis zwischen die Augen zur Stirn 36 mal auf und ab. Dies ist vorbeugend gegen eine Erkältung der Nasenhöhle und schafft bei Schnupfen eine freie Nase. Nach der TCM wird dadurch die Lunge befeuchtet.

  1. Um die Augen reiben

Mit geschlossenen Augen reibt man mit den Fingerkuppen oder den äußeren Gelenken der Daumen, die vorher warm gerieben werden, von den äußeren Augenwinkeln über die Augenbrauen und Augenlider der geschlossenen Augen in Richtung Nasenwurzel und unter den Augen zurück über die Gesichtsknochen. Nach 18 mal reibt man in die Gegenrichtung, bei der Nasenwurzel beginnend. Man massiert dadurch die Augenlider und die Gegend der Augenbrauen und viele Akupunkturpunkte der Yang Meridiane. Danach dreht man bei geschlossenen Augenlidern die Augenäpfel 18 mal von rechts nach links. Das beugt Augenkrankheiten vor und stärkt das Sehvermögen.

  1. Die Zungenübung (Umrühren des Meeres)

Man bewegt die Zunge 18 mal kreisend am äußeren Zahnfleisch von rechts oben nach links unten und weiter kreisend nach rechts und nach oben zurück. Dann das gleiche 18 mal von links oben nach rechts unten und weiter den Kreis vollendend zurück. Der Speichel wird gesammelt und bleibt in der Mundhöhle.

  1. Das Schlucken des Speichels

Man spült den gesammelten Speichel (Honigtau oder Wein des langen Lebens genannt) 36 mal durch den Mund und schluckt ihn dann in kleinen Portionen (in der Vorstellung) bis ins Dant'ien hinab.

Die Zungenübung und das Schlucken des Speichels beseitigt bitteren Mundgeschmack, den Zungenbelag und Kehlkopfschmerzen. Durch die fermentierende Wirkung des Speichels wird die Verdauung gefördert.

  1. Das Kopf klopfen
Mit allen Fingerkuppen beider Hände wird der Kopf an allen erdenklichen Stellen geklopft, mindesten 36 mal mit allen Fingerkuppen bis zum Nacken. Die Intensität wird frei gewählt.

Anschließend fährt man mit den Fingern beider Hände wie mit Kämmen vom Haaransatz an der Stirn 18 mal über die Kopfhaut nach hinten zum Nacken

und klopft dann mit den flachen Händen und Fingern von vorne nach hinten 36 mal mit selbstgewählter Intensität den ganzen Kopf.

Diese Übung aktiviert die Zirkulation sämtlicher Yang Meridiane und befeuert den Energiekreislauf.

  1. Die Ohrübung

Zuerst werden die Daumenballen beidseitig auf die Mitte des Ohres gelegt und die Ohren kreisend nach allen Richtungen massiert, bis sie warm werden.

Dann werden die Ohrmuscheln mit den Handinnenflächen nach vorne geklappt und wie in einer Muschel in den hohlen Händen so abgeschlossen, dass sich die Fingerspitzen am Hinterkopf berühren. Dann drückt man mit den Zeigefingern so fest auf die Mittelfinger, dass sie von dort abrutschen und gegen den Hinterkopf klopfen. Das ruft in den Ohren einen Ton ähnlich Trommelschlägen hervor. Das soll 36 mal wiederholt werden. Das wird von Alters her als „Himmels-trommeln“ bezeichnet.

Dann klopft man seitlich mit dem lockeren Zeigefinger der flach geführten Hand auf den gegenüberliegenden, das Ohr abdeckenden Handrücken. Im Ohr hört man dann einen helleren Ton, der als „Himmelsglocken“ bezeichnet wird. Ebenfalls 36 mal in schnellerem Takt.

Dann steckt man den Zeigefinger in den Gehörgang und zieht ihn mit einem leichten Blob-Geräusch wieder heraus. Drei mal links und rechts und zieht danach an den Ohrläppchen nach unten.

Mit wiederholter Übung können Kopfschmerzen, Schwindelgefühle und Ohren-sausen und Tinnitus geheilt werden. Auch beginnende Schwerhörigkeit kann damit beseitigt werden.

Nach Krasnoselski hat diese Übung eine die Gehirnrinde anregende Wirkung. Dadurch werden die
Funktionen des Herzens und der Atmung verbessert. Die Massage der Ohrmuscheln regt die Hörnerven an, wodurch die Intensität des Hörens verstärkt wird.

Anschließen werden die Ohrläppchen massiert, geknetet und mit den Fingernägeln zusammengekniffen, wodurch Ohrakupunkturpunkte von Augen, Nase, Kieferhöhle und der Bereich Zunge aktiviert werden.

In der Ohrakupunktur spiegelt das Ohr den am Kopf stehenden Embryo und der ganze Körper kann über die am Ohr befindlichen Akupunkturpunkte therapiert werden.

  1. Die Halsübung
Die ineinander verschränkten Hände werden in den Nacken gelegt und während man nach oben schaut, drückt man mit den Händen 9 mal auf Nacken und Hinterkopf. Damit können Schmerzen in der Halsmuskulatur und Flimmern der Augen beseitigt werden.

  1. Das Schulterreiben

Mit der linken Hand reibt und knetet man die rechte Schulter und mit der rechten die linke Schulter. Beliebig oft, mindestens aber 18 mal. Die Übung lindert rheumatische Gelenkschmerzen.

  1. Das Nierenreiben

Man reibt die Handflächen aneinander, bis sie warm werden und reibt mit einer Hand von oben nach unten über die Niere und mit der anderen Hand in der Gegenrichtung die andere Niere. Mindestens 18 mal mit jeder Hand. Das hilft gegen Kreuzschmerzen und Frauen bei Schmerzen in der Hüftgegend während der Menstruation.

  1. Die Steißwirbelmassage

Diese Massage wird wie das Nierenreiben, aber dichter an der Wirbelsäule durchgeführt, indem man Zeigefinger und Mittelfinger zusammen nimmt, und mit den anderen Fingern eine lockere Faust macht, wobei Zeige- und Mittelfinger nach unten schräg zur Wirbelsäule zeigen. Mindestens 18 mal gemacht, hilft das nicht nur bei Kreuzschmerzen, sondern auch vorbeugend gegen das Entstehen von Hämorrhoiden.

  1. Die Massage des Dant'ien

Man reibt die Hände aneinander warm legt sie mit dem „Lao Gong Punkten“ (Mitte der Handfläche) übereinander auf das Dant'ien (etwa 4 Finger unter dem Nabe) und massiert in größer werdenden Kreisen im Uhrzeigersinn mindestens 36 mal den Unterbauch. Anschließend mit kleiner werdenden Kreisen 36 mal gegen den Uhrzeigersinn zurück. Es soll nicht über Nabel und Geschlechtsteil hinaus massiert werden.
Neben der Anregung der Peristaltig dient diese Massage auch der Beseitigung von Impotenz und vorzeitigem Samenergusses. In diesem Fall wird empfohlen, mit einer Hand 100 Kreise in jede Richtung zu machen und mit der anderen freien Hand den Hodensack zu halten.

  1. Die Organmassage

Nach der Dant'ien Massage wandern die Hände hoch zur Leber und die Lebergegend wird 18 mal kreisförmig im Uhrzeigersinn massiert und 18 mal entgegen massiert.
Dann massiert man in gleicher Weise Magen, Milz und Bauchspeicheldrüse,

    dann das Herz,
    dann die Lunge im Oberen Brustbereich unter dem Schlüsselbein,
          dann das Herznest (Mitte Brustbein) als Sitz des emotionalen Herzens.

  1. Das Reiben des „Großen Hammers“ (Dazhui)
Dazhui“, auch „Halswirbelpunkt“ oder „Großer Hammer“ genannt, liegt am „Du Mai“ (Lenkergefäß)
im Bereich 7. Halswirbel und 1. Brustwirbel. Zieht man das Kinn zur Brust, so ist der 7. Halswirbel jener, der am weitesten herausragt.

Hier liegt der Schnittpunkt aller Yang Meridiane mit dem Yang-Gefäß Du Mai, das alle Yang Meridiane regiert. Hier entscheidet sich auch, ob das Yang stark genug ist, diesen Pass zu überwinden und seinen Weg hinauf in den Kopf zum „Bai Hui“ (Mitte Schädeldecke) fortzusetzen, um von dort den Weg des „Kleinen Himmlischen Kreislaufs“ über die Stirn und Nase hinunter zur Oberlippe und zum Zahnfleischpunkt über den Schneidezähnen zu nehmen.

Ist der Bereich „Dazhui“ – „Jadekissen“ blockiert, beginnt die frühzeitige Alterung. Das Gesicht wird fahl, es bilden sich Falten und die Haare ergrauen und fallen genauso wie die Zähne aus. Die Lebenskraft verwelkt frühzeitig.

Der Bereich "Dazhui" ist von großer Bedeutung als Sammelplatz des Wei Qi (Abwehr Qi).  
Von hier  aus beginnt der Wei Qi Zyklus seine 25 Umläufe an der Körperoberfläche, um den Körper vor dem Eindringen äußerer Pathogener Faktoren zu schützen. 

Unsere Immunabwehr wird durch diese Übung stark tonisiert.

  1. Die Energiebahnen abklopfen.
    Der ganze Körper wird mit den flachen Händen abgeklopft.
Man klopft mit der rechten Hand in Bahnen der linken Körperseite über den Handrücken und Armoberseite bis zur Schulter und dann über die Armrückseite und dann über die Armvorderseite des anderen Armes hoch zur Schulter und immer auf der Innenseite hinunter zur Hand. Es sollte der gesamte Arm gründlich geklopft werden, bis man den Arm wechselt uns die linke Körperseite abklopft.. Auch hier gilt es, an der Armoberseite und -Rückseite und -Vorderseite Richtung Kopf zu klopfen und Arminnenseite hinunter bis über die Hände.

Dann klopft man den Oberkörper auf allen Seiten mit beiden Händen beliebig fest und gründlich.

Hüfte, Hinterteil fest klopfen und die Bein werden vorne, seitlich und hinten von oben nach unten fest geklopft, und immer führt der Weg zurück klopfend auf der Beininnenseite nach oben zur Hüfte.

Anschließend reibt man mit der Handfläche den Handrücken der jeweils anderen Hand ganz fest und klatscht zum Abschluß 3 mal fest in die Hände.


© 2011Copyright: Dr. Reinhard Hörmann



































Montag, 1. August 2011

Das „Innere Stärkende Qi Gong“ ("Ch'iang-chuang-kung")

Das „Innere Stärkende Qi Gong“ ist, wie das „Innere Nährende Qi Ging“, eine Form des „Stillen Qi Gong“ „(„Jing Gong“).
Es besteht aus Übungen in Ruhe, die im Liegen, Sitzen oder Stehen ausgeführt werden.

Nach außen hin herrscht zwar Ruhe vor, im Inneren widmet sich der Übende jedoch ganz der Bewegung des Qi Flusses.

Allen Übungen des Stillen Qi Gong ist gemeinsam, dass zunächst die Entspannung von Muskeln, Sehnen, Gelenken und Bändern herbeigeführt wird, der innere Ruhe und Stille folgt.

Der Zusammenhang von körperlicher Entspannung mit der dazu korrespondierenden Entspannung der Großhirnrinde und „vice versa“ wurde in diesem Blog schon vielfach erwähnt.

Wichtig ist vor allem die Bereitschaft des Übenden, sämtliche störende Gedanken abzulegen.

Nach der Übung ist genug Zeit, sich diesen Gedanken zu widmen. Die Chinesen sagen, störende Gedanken sind vor der Übung abzulegen wie die störenden Habseligkeiten ( wie zum Beispiel Gürtel, Portmonee, Uhr, Handy, enge Kleidung etc. ).

Gelingt es, äußere Entspannung und Innere Stille herzustellen, folgen die Übungen, bei denen die Aufmerksamkeit („Yi“) auf die Atmung gerichtet wird.

Wenn die Atmung von selbst in gewünschter Weise fließt, richtet man die Aufmerksamkeit auf das „Untere Dant'ien“. In der Vorstellung wird der Atem ganz tief in den Unterbauch in das Dant'ien gelenkt.

Es ist eine Erfahrungstatsache, dass das Qi dem Geist (der Vorstellung) folgt.

Daher vereinen wir durch unsere Vorstellung den nach unten gelenkten Atem mit Geist (Shen) und Qi im Unteren Dant'ien.

Die Vorstellung („Yi“) ist ein Aspekt von „Shen“ (Geist).


Alle Übungssysteme des Stillen Qi Gong sind grundsätzlich in drei Stufen aufgebaut:


Die erste Stufe ist äußere Entspannung und Innere Stille,

die in der zweiten Stufe mit konzentrierten Atemübungen weitergeführt wird.

Die dritte und höchste Stufe ist die Stufe der Meister:

Es ist die Stufe des Wu Wei, des „Tun im Nichtstun“, das ist höchste Harmonie und Leere, ein Zustand, in dem der Körper mit Umwelt und Kosmos eins ist, ruhig und leicht, ohne Form, ohne Polarität, ohne Täuschung des Selbst, das Qi der Natur wird vom Geist aufgenommen, der ganze Körper atmet durch die Poren.

Die „Inneren Übungen“ des Stillen Qi Gong bestehen der historischen Entwicklung nach aus den „Inneren Stärkenden Übungen“ („Ch'iang Chuang Gong“), die ihrem älteren Ursprung nach eng mit der daoistischen Tradition verbunden sind

und den später entstandenen „Inneren Nährenden Übungen“ („Nei Yang Gong“), die von dem Arzt Liu Kui-chen 1957 in einem Buch einer interessierten Öffentlichkeit zugängig gemacht wurde und wegen der nachgewiesenen Heil-Erfolge in den Sanatorien Chinas weltweit breite wissenschaftliche Anerkennung fanden. Darüber wurde in diesem Blog schon ausführlich in den Posts über „Inneres Nährendes Qi Gong“ geschrieben.


Die „Inneren Stärkenden Übungen“:


Die Körperposition ist frei wählbar, wobei bei den Sitzpositionen der Lotussitz (beide Fußrücken liegen auf den Oberschenkeln) oder der Halblotussitz (der linke Fuß liegt unter dem Körper, der rechte liegt auf dem linken Oberschenkel) bevorzugt werden.

Ist das nicht möglich, kann auch auf einem Schemel oder Hocker ohne Lehne gesessen werden.

Der Nacken ist dabei entspannt, die Schultern und Arme hängen locker, das Kinn ist leicht angezogen, die Hände liegen mit den Handflächen nach oben ineinander im Schoß, die Wirbelsäule ist aufgerichtet, die Wirbel liegen wie Scheiben aufeinander und der Kopf sitzt so auf der Wirbelsäule, dass der Bai Hui (Scheitelpunkt Mitte Schädeldecke) senkrecht über dem Bai Hui (Mitte Perineum) liegt, die Augen sind halb offen, der Blick ist nach innen gerichtet.

Bei Übungen morgens oder abends wird die stehende Position empfohlen. Wenn möglich soll in der Natur, in gesunder Umgebung mit viel frischer Luft an einem von Zugluft geschützten Ort geübt werden.

Dabei wird die übliche Stehposition eingenommen. Beine schulterbreit auseinander, Kopf leicht nach vorne geneigt, Kinn leicht angezogen, Kopf und Nacken entspannt, die Schultern hängen locker und sind leicht nach vorne gezogen, der Rücken wird dadurch breit und die Brust nicht hinausgestreckt. Die Arme sind locker in einem solchen Abstand vom Körper, dass in den Achselhöhlen ein Tischtennisball Platz hätte. Die Hände werden vor dem Unterbauch leicht angehoben so gehalten, dass die Finger voneinander einen Abstand von einigen Zentimetern haben, wie wenn man einen leichten Ball vor dem Dant'ien halten würde.

Diese tiefe Handhaltung empfiehlt sich für Übende mit erhöhtem Blutdruck.

Bei normalem Blutdruck werden die Hände leicht vor der Brust so gehalten, als wenn man einen großen Ball sanft zur Brust drücken wollte.

Personen mit zu niedrigem Blutdruck heben die Hände in dieser stehenden Stellung bis in Schulterhöhe.

Die Haltung soll jedenfalls locker sein, der leicht nach vorne geneigte Kopf soll wie am Scheitelpunkt (Bai Hui) auf einem Seidenfaden aufgehängt sein, wobei die einzelnen Wirbel der Wirbelsäule bis zum Steißbein einer nach unten hängenden Perlenschnur gleichen.

Das Becken wird leicht nach vorne gekippt, wie in der Anfagsbewegung des Niedersetzens.

Es wird eine Position eingenommen, die das Gegenteil eines Hohlkreuzes darstellt.


Die Entspannung:

Die Augen liegen entspannt in den Höhlen und sind halboffen, der Blick ist leer bzw. nach innen gerichtet.
Nach dem Einnehmen dieser Körperhaltung atmen wir in unserem Atemrhythmus einige Minuten weiter.


Wir beginnen, den Körper und den Geist bewusst zu lockern, indem die Luft durch den Mund ausgeatmet (hinaus geblasen) und gleichzeitig Kopf- und Nackenmuskulatur bewusst entspannt wird.

Beim Hinaus-blasen der Luft durch den Mund denken wir „entspannen“, „Ruhe“ oder „locker“.

Sind Kopf und Nacken entspannt, folgen einige ruhige Atemzüge durch die Nase , dann bläst man wieder die Luft durch den Mund hinaus, entspannt gleichzeitig die Schultern und die Armmuskulatur und denkt wieder dabei die gleiche vorher gewählte Affirmation.
In gleicher Weise geht man vor bei Brust und oberem Rücken bis zum Gürtel, Unterbauch und unterem Rücken,
dann Oberschenkel und letztlich Unterschenkel mit den Füßen.
Die Atemmethoden des Innere Stärkenden Qi Gong:
  1. Die alltägliche Atemmethode:
Es wird durch die Nase entspannt und sanft ein- und ausgeatmet. Das Ein- und Ausatmen fließt natürlich und ist gleich lang.

Im Gegensatz zum „Inneren Nährenden Qi Gong“ wird KEINE Atempause gemacht.

Die Zunge liegt hinter den oberen Schneidezähnen am Gaumenbogen und bleibt dort unverändert während der ganzen Übungsdauer.

Der Atem wird während des Übens immer ruhiger und tiefer, wird langsamer und fließt ohne jede Kraftanstrengung.

Sobald der Atem wie von selbst fließt, vergisst man den Atem und richtet seine Aufmerksamkeit auf das Untere Dant'ien.

Diese Methode ist wegen der geringen Anforderungen besonders für Anfänger geeignet, weil der Atem nur sanft und ruhig sein muss.

Diese Atmungsform ist kräftigend, harmonisiert Yin und Yang und beruhigt den Gesamtorganismus.

  1. Die Methode der tiefen Atmung:
Diese Atmung soll langsam, lang, sanft und tief sein. Die Zunge liegt und bleibt während der gesamten Übung hinter den oberen Schneidezähnen am Gaumenbogen.

Der Übergang zwischen Ein- und Ausatmung soll rund und unmerklich sein, gleich einer sanften Welle, die sich aufbaut und wieder abflacht, rhythmisch, ohne Pause. Man stelle sich einen Seidenfaden vor, der sanft und langsam nach vorne und zurück gezogen wird, kontinuierlich und rund, um ja nicht zu reißen.

Die Atmung erfolgt ausschließlich durch die Nase tief in den Unterbauch. Ziel ist, dass die sanfte und tiefe Bauchatmung reflektorisch wird.

Diese Atmung reguliert den Blutdruckdruck, hilft Neurasthenikern (Menschen mit Neigung zur Störung im vegetativen Nervensystem) und schafft Abhilfe bei Verdauungsstörungen.
  1. Die Methode des umgekehrten (paradoxen) Atmens:
Bei dieser Atemmethode wird beim Einatmen der Bauch leicht eingezogen und das Perineum sanft angespannt. Der Brustkorb wird beim Einatmen natürlich ausgedehnt. Die Zunge liegt und bleibt während der ganzen Übung hinter den oberen Schneidezähnen am Gaumenbogen. Die Atmung erfolgt durch die Nase, ohne jede Atempause. Bei der Ausatmung dehnt sich der Bauch locker aus und der Brustkorb bleibt völlig entspannt. Die Atmung muss ohne jede Kraftanstrengung, leicht, locker und ruhig, das heißt ohne Hast und Eile sein.


Wichtig für die Inneren Stärkenden Übungen:

Die Alltägliche Atmung kann auch vor und nach dem Essen geübt werden.

Bei Gewitter und Unwetter soll überhaupt nicht Qi Gong geübt werden.

Die Dauer der Atemübung sollte anfangs 10 Minuten, später bis 20 Minuten betragen

Die Bauchatmung soll weder mit leerem Magen noch mit innerhalb einer Stunde nach dem Essen durchgeführt werden.

Die Paradoxe Atmung darf niemals mit vollem Magen durchgeführt werden.

Wenn sich beim Üben vermehrter Speichelfluss einstellt, soll der Speichel keinesfalls ausgespuckt, sondern im Mund gesammelt werden. Dieser angesammelte Speichel wird bei den Daoisten auch „Honigtau“ oder „Wein des langen Lebens genannt“. Auch in der Meditation wird die aufsteigende Energie in speichelartigen Nektar verwandelt und soll in kleinen Schlucken wieder in den Unterleib zurückfließen. Im I Ging heißt es: „So isst und trinkt der Edle“! Das in Speichel verwandelte Qi soll durch die Kehle ins Untere Dant'ien zurückfließen.

Sobald der Atem von selbst in gewünschter Weise fließt, wechselt die Aufmerksamkeit zum Unteren Dant'ien.

Bei den Übungen nimmt man den Körper als unbeteiligter Beobachter wahr, teilnahmslos, ohne zu werten. Sollten im Du Mai (Lenker Gefäß) entlang der Wirbelsäule , im Ren Mai (Diener Gefäß) in der Mitte des vorderen Oberkörpers oder im Dai Mai (Gürtel Gefäß) entlang der Gürtellinie Wärmegefühle auftreten, so ist das nicht zu bewerten. Das ist normal, wenn es kommt und normal, wenn es nicht kommt. Auf den Erfolg der Übungen hat dieses Wärme - Symptom keinen Einfluss. Eventuell auftretender Juckreiz vergeht von selbst und ist nicht zu beachten. Keinesfalls kratzen!

 
Es gibt viele Beweise in Studien für die heilende Wirkung der „Inneren Nährenden Übungen“ und der „Inneren Stärkenden Übungen“ bei Neurasthenie, Blutdruckproblemen, Krankheiten des Verdauungsapparates, Magengeschwüren oder Magensenkung.

Nachgewiesen ist auch die positive Wirkung von beiden Übungssystemen auf die Beruhigung des Gesamtorganismus und des ganzen Nervensystems.

Es ist also Tatsache, dass wir hier zwei Methoden haben, die nachweislich mit großen Heilerfolgen eingesetzt wurden und werden. Viele chinesische Ärzte betrachten beide Übungssysteme als zusammenhängende Methode und nutzen beide, wobei zu der völligen  Wiederherstellung der Gesundheit meist die "Inneren Nährenden Übungen" und zur Vorbeugung gegen Krankheiten die "Inneren Stärkenden Übungen" bevorzugt werden.
Vielleicht sollte man beide Methoden ausprobieren und letztlich die Methode wählen, wo man sich wohler fühlt.
Meiner Erfahrung nach ist beim Qi Gong die Übungsmethode nicht so entscheidend wie die lockere mentale Einstellung und die Fähigkeit, störende Gedanken abzulegen und seine Gedanken und Aufmerksamkeit auf „EINES“ (einspitzig aufs Atmen bzw Dant'ien) zu richten .

Besonders bedeutend ist, dass durch ständiges Üben und Wiederholen der Reflexautomatismus entwickelt wird und dass die Übungen in vollständiger innerer Harmonie abgeschlossen werden und in den Zustand der passiven Ruhe führen. Nur in diesem Zustand können die natürliche Selbstheilkräfte des Körpers zur Wirkung kommen. Die passive Ruhe ist das Yin, das für die Wirksamkeit der Übungen (Yang) erforderlich ist.



©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

Montag, 18. Juli 2011

Die Lehre der Fünf Elemente, Manifestationen, Wandlungsphasen

In der alten, klassischen, chinesischen Anschauungsweise entstand der Kosmos aus dem Urzustand, den sie „WUJI“ (den „Urzustand des Dao“) nannten. Als „WUJI“ wird jener Urzustand bezeichnet, in dem alle Existenzen potenziell enthalten, aber noch nicht in Erscheinung getreten sind.

WUJI“ wird symbolisch als leerer Kreis dargestellt.

Aus diesem Urzustand (WUJI) entsteht das „TAIJI“ (das „Allerhöchste Eine“),in dem die Polarität von YIN und YANG zum Ausdruck kommt. Durch Bewegung entsteht „Yang“. Wenn die Bewegung ihren Höhepunkt erreicht, beginnt sich das im Yang als Kern (Samen) angelegte Yin zu entwickeln und in gleichem Maße, wie die Bewegung schwächer wird, wird die Ruhe des Yin stärker. Wenn das Yin am stärksten wird, beginnt das in ihm als Kern (Samen) angelegte Yang wieder den Zyklus von vorne.

Der Bewegung folgt Ruhe und der Ruhe folgt Bewegung.

Nach alter klassischer Ansicht sind Yin und Yang polare, gegensätzlich wirkende Kräfte, in denen sich Qi als universelle Urkraft manifestiert. Yin und Yang gelten als der „Puls des Universums“. Jeder dieser Aspekte von Qi trägt den Kern des gegensätzlichen polaren Partners in sich. Im großen Yang ist das kleine Yin, das am Höhepunkt von Yang erwacht und sich bei schwächer werdendem Yang zum großen Yin entwickelt und umgekehrt. Es kommt also zu einem ständigen dynamischen Wandel zwischen Yin und Yang.

Diese beiden Kräfte bestehen also nicht unabhängig voneinander, sondern gehen ständig ineinander über.

Laotse, 6. Jh. v. Chr., „Dao-de-jing“, über YIN und Yang:

Beides ist eins dem Ursprung nach und nur verschieden durch den Namen. In seiner Einheit heißt es das Geheimnis, das Tor, durch das alle Wunder hervortreten“.

Das Qi mit seinen ständig wechselnden Aspekten Yin und Yang ist das Tor, aus dem alle Wunder hervortreten. Hier liegt die Ursache der Bewegung der Planeten, durch die Naturkraft Qi scheint die Sonne, bläst der Wind, durch YIN und YANG existiert der Mensch und die den Menschen umgebende Natur mit ihren Elementen.

Daraus entwickelt sich die untrennbare Verschmelzung und Abhängigkeit des Menschen mit der Natur.

Schon in frühesten Zeiten erkannten die Beobachter die Parallelität zwischen dem ständigen Wandel von Tag und Nacht, von den Jahreszeiten, von Ebbe und Flut, von Werden und Vergehen mit dem Schlaf- und Wachzustand, den Perioden des Menschenlebens, dem Aus- und Einatmen und der Geburt und dem Tod des Menschen.

Da noch viele andere Analogien wahrgenommen wurden, lag es nahe, die Prozesse im menschlichen Körper den Prozessen in der Natur gleichzusetzen und die in der Natur wirkenden Elemente, Kräfte und Vorgänge als Entsprechung auf den Mikrokosmos Mensch anzuwenden.

Schon in klassischer Zeit verglichen die Chinesen die Naturkraft Qi mit Bächen, Flüssen, Seen und Ozeanen. Sämtliche im Makrokosmos und im Mikrokosmos Mensch wirkende Kräfte wurden unter den Begriff Qi subsumiert.

Das Konzept der Natur- und Lebenskraft Qi wurde zur Grundlage von Philosophie und Heilkunst.

Diese Erkenntnisse ließen die daoistische Philosophie und die Chinesische Medizin entstehen.

Grundlage von beiden ist die Erkenntnis, dass der Mensch nur dann richtig handelt, wenn er sein Tun mit der Natur in Einklang bringt.

Sieht man von übertriebenen Analogien ab, ist das auch heute noch ein guter praktischer Hinweis für ein gesundes Leben.

Erwähnenswert scheint zu sein, dass schon vor Jahrtausenden erkannt wurde, dass sich im Frühjahr die Lebererkrankungen und im Sommer die Herzerkrankungen und Wechselfieber häuften und

dass die Lunge im Herbst besonders anfällig ist und man im Winter insbesondere auf die Nieren achtgeben muss.

Das wurde im Buch (eigentlich ist es eine Buchsammlung) über Chinesischen Medizin, im „Innere Heilkunde des Gelben Kaisers“ (Huang-ti Nei-ching su-wen), im Jahr 30 -20 v. Chr. geschrieben, wobei einzelne Teile der Sammlung in das 2. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung datiert werden. Diese Buch-Sammlung ist noch heute das bedeutendste Standard-Werk an den Universitäten der Chinesischen Medizin.

Aus all diesen Erkenntnissen entwickelte sich eine „kosmomorphische“ Lebenseinstellung, die noch heute von den daoistischen Nonnen und Mönchen gelebt wird.

Sie stehen mit dem Sonnenaufgang auf und gehen bei Sonnenuntergang zu Bett oder meditieren. Sie richten, soweit wie möglich, alle Aspekte des Lebens nach der Natur, nach dem Lauf der Sonne und den Jahreszeiten.

Nachdem die umfassende Gültigkeit des Yin und Yang Prinzip erkannt worden war, analysierte man deren Auswirkungen und Einfluss auf die zyklischen Abläufe und Prozesse in der Natur.

Die weisen Alten erkannten Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten, ähnlich denjenigen von

Holz - Feuer - Erde - Metall - Wasser

Diese als Elemente erkennbare Grundmuster charakterisieren die Phasen eines sich ständig wiederholenden Prozesses, der in ähnlicher Weise in einem labilen und dynamischen Gleichgewicht zwischen unterschiedlichen Zuständen immer wieder abläuft.

So entstand die „Lehre der fünf Elemente/fünf Wandlungsphasen/fünf Manifestationen“.

Sie besagt, dass alle Erscheinungen dieser Welt einem unaufhörlichen Wandel unterworfen sind. Dieser Wandel verläuft gesetzmäßig und zyklisch unter endloser und variierender Wiederholung der fünf Grundmuster.
Diesem Weltbild entsprechend werden alle Vorgänge und Veränderungen in der Natur der permanenten Wechselwirkung der fünf Grundmuster zugeordnet.

Diese fünf Grundmuster (Elemente/Wandelphasen/Manifestationen) symbolisieren fünf voneinander unterschiedliche Qualitäten in der Natur, die durch ihre Dynamik fähig sind, sich gegenseitig zu beeinflussen.

Die daraus entstehenden zyklische Wandlungsphasen laufen nach einem vorgegebenen Muster ab.

Die fünf Elemente/Wandlungsphasen/Manifestationen können zueinander in einem nährenden Verhältnis stehen, oder einander kontrollieren, überwinden oder überwältigen.

Holz nährt Feuer nährt Erde nährt Metall nährt Wasser nährt Holz...

Holz kontrolliert (bändigt) Erde kontrolliert Wasser kontrolliert Feuer kontrolliert Metall kontrolliert Holz...

Holz überwindet Erde überwindet Wasser überwindet Feuer überwindet Metall überwindet Holz...

Holz überwältigt Metall überwältigt Feuer überwältigt Wasser überwältigt Erde überwältigt Holz...

Diese fünf elementaren Zustände sind fünf Stadien einer Transformation und eine Manifestation von Qi im universellen Prozess von Werden und Vergehen. Sie sind immer als „ein Ganzes“ zu sehen und befinden sich permanent entweder im Zustand der Ausdehnung oder des Zusammenziehens.

Die „Lehre der fünf Elemente“ ist eine subtile Darstellung des Wandels von Yin und Yang.

Die „Lehre von den fünf Elementen/Wandlungsphasen/Manifestationen“ bezieht sich nicht auf die Qualitäten eines fixen Zustands, sondern beschreibt die qualitativen Durchgangsphasen eines sich Augenblick für Augenblick wiederholenden Wandlungszyklus in der Natur.

Die Idee der fünf Elemente und ihre Anwendungen haben eine lange Tradition und fanden Eingang im Alltagsleben der Chinesen. Sie wurden auch zur Grundlage der Chinesischen Medizin.

Die ersten Aufzeichnungen darüber stammen aus dem 6./5. Jh. vor unserer Zeitrechnung. In diesen Schriften wurden die Grundmuster als „Fu“ („Sitz der Regierung“) bezeichnet.

In späteren Schriften als „CAI“ (Möglichkeit, Material).

Ursprünglich gab es sechs „FU“, aus denen im Laufe der Zeit nach dem Wegfall des sechsten „ FU“ (Getreide) die fünf „WUCAI“ (die fünf Möglichkeiten) und noch später die noch heute gebräuchlichen „WUXING“ („WUHSING“) wurden. Das Kapitel „Hung Fan“ aus dem „Buch der Schriften“ („Shu Ching“) aus der „Han“ Zeit (206 v. Chr. - 220 n. Chr.) führt diese „WUXING“ an.

WU“ wird als Fünf übersetzt, und „XING“ (HSING) als „Begleiter“, „Gefährte“, aber auch als „Bewegung“, „Prozess“, „Verhalten“, „leiten“, „Durchgang“.

Diese fünf elementaren Zustände repräsentieren folgende Phasen:

Erde und Metall repräsentieren die Phase der zunehmenden Verdichtung der Materie, also zunehmendes YIN.

Holz und Feuer repräsentieren die Phase zunehmender Ausdehnung, also zunehmendes YANG.

Wasser repräsentiert einen Sonderfall. Wasser verbindet als Mittler die Gegensätze zu einem Ganzen, indem es in allen Aggregatzuständen existiert. Als Eis ist es verfestigt, als Wasser verflüssigt und als Dampf gasförmig.

Im Folgenden soll nur kurz die Bedeutung der „Lehre von den WUXING“ für die Chinesische Medizin gestreift werden.

In der westlichen Medizin bemüht man sich in der Diagnose, auf das anatomische Substrat, also auf die Organe zurückzugreifen. Dort, wo kein eindeutiger Organbezug feststellbar ist, sondern wo sogenannte „systemische Erkrankungen“ vorliegen, wie zum Beispiel bei Stoffwechselkrankheiten oder Rheuma, versucht man, stofflich messbare Parameter zu finden, wie die krankhafte Veränderung des Blutbildes oder Feststellung von Krankheitserregern wie Viren oder Bakterien. Bei Erkrankungen, bei denen es keine Messergebnisse gibt, wie bei Befindensstörungen oder Schmerzen kommt man zwangsläufig in den Bereich, wo meist psychosomatischen Störungen vermutet werden.

Die Chinesische Medizin geht von Funktionsbereichen aus. Körperliche Funktionen und Lebensäußerungen, physiologische Abläufe und auch krankhafte pathologische Symptome werden in einem Raster erfasst und können in einem sinnvollen Zusammenhang verstanden werden.

Im Diagnosegespräch des Chinesischen Arztes werden nahezu alle Phänomene erfasst, seien es aktuelle, psychische, emotionale, körperliche oder organische. Alles findet in diesem Raster Berücksichtigung.

Der wesentlichste Unterschied zwischen Westlicher Medizin und Östlicher Heilkunst besteht im grundlegenden Konzept von der Lebenskraft Qi.

Im Zustand der Gesundheit fließt Qi harmonisch und ausgeglichen in unserem Körper. Disharmonie und Blockaden von Qi bedeuten nach östlichem Verständnis Krankheit.

Das erfahren wir in der Regel durch Symptome, welche die Funktion von Notsignalen übrnehmen. Diese können vielfältig sein: Schlaflosigkeit, Migräne, Schmerzen, Magengeschwüre, funktionelle Störungen und/oder sonstige Beschwerden.

Für die „Chinesischen Mediziner“ deuten diese Symptome auf Störungen im Fluss des Qi hin.

Wir können auch meinen, die Symptome sind die Störungen selbst und versuchen, sie zu beseitigen.

Genauso gut kann man aus der Sicht der Chinesen die Kontrollinstrumente im Auto, welche eine Störungen anzeigen, abklemmen oder überdecken und hoffen, die Störung sei dadurch beseitigt.
Oder Licht ausmachen, indem man es überdeckt, bis es finster wird, und glauben, es wäre ausgeschaltet..

Deshalb versucht der Chinesische Arzt, die mit Hilfe der den 5 Elementen zugeordneten Attribute und Entsprechungen als diagnostisches Handwerkszeug den Zustand des Qi zu beurteilen und die Ursache der Krankheit zu ermitteln.

Er prüft den Klang und Kraft der Stimme, Farbnuancen des Gesichts, die vorherrschende Gemütsverfassung, Temperatur und Beschaffenheit der Haut, Gang und Körperhaltung, Entwicklungsgeschichte der Kindheit, Geschmacksvorlieben, die besten und die schlechtesten Zeiten des Tages,Träume, Appetit, Ernährung, Schlafverhalten, Tätigkeit von Blase und Darm, sexuelle Energie, Belastungen innerhalb der Familie und am Arbeitsplatz, Sinnes-schärfe, Gewohnheiten und Vorlieben, Klima/Witterung, äußere Körpermerkmale.

Diese Aufzählung ist demonstrativ (nicht taxativ) und könnte noch fortgesetzt werden. Wichtig ist, man bekommt einen Eindruck von der Erstellung der Diagnose. Natürlich kommt dazu noch die Pulsdiagnose als wichtiges Handwerkszeug. Jedes Organ und der dazugehörige Funktionsbereich ist mit einem eigenen Puls verbunden und mit weiteren Lebensaspekten. Mit einem Gefühl, einem Geschmack, einer Farbe, einer Tageszeit, einer Jahreszeit, einem Geruch, einem Klang, einem Sinnesorgan, einer Körperöffnung, einem Meridian in dem Qi fließt usw.

Das nennt man die „Entsprechungen eines Organs“.

Wer sich in diesem Thema vertiefen will, findet dazu zahlreiche Literatur in vielen Sprachen. Obwohl ich üblicher Weise keine Literaturhinweise gebe, kann ich die von mir vor etwa 20 Jahren gekaufte Taschenbuchausgabe

Die Medizin der Chinesen“ (Goldmann Verlag) von Dr. med. Carl-Hermann Hempen als sehr gut verständliches und auch im philosophischen Sinn hochinteressantes Werk empfehlen.

Auch das YIJING (das Buch der Wandlung, dessen älteste Teile aus dem 3. Jh. v. Chr. stammen sollen) bezieht sich auf die Wandlungsphasen. Die Forschung geht davon aus, dass das YIJING aus der Orakelpraxis des 3. Jahrtausend v. Chr. hervorgegangen ist. 64 sogenannte Hexagramme (jedes Hexagramm wird aus zwei Trigrammen gebildet, bestehend aus jeweils drei durchgehenden oder unterbrochenen Linien, die übereinander angeordnet sind) beschreiben 384 Situationen und geben entsprechende Verhaltensmaßregeln. Da jedes der 64 Zeichen durch den Wandel einer oder mehrerer Linien in alle anderen übergehen kann, gibt es 64 x 64 also 4096 implizite Übergänge oder Möglichkeiten des Umschlagens einer Situation. Im Augenblick des Werfens der Schafgarben zwecks Befragung des Orakels wird die gerade wirksame und bedeutende Wandlungsphase dargestellt und das jeweilige Trigramm gibt auch versteckte Hinweise auf Übungen des QI GONG (früher DAOYIN), die gerade hilfreich sein können.

Bei Stagnation: Wählt man Übungen, die das Qi stärken und zum Zirkulieren anregen.

Bei Erregung und Stress: Sind alle Dant'ien Übungen hilfreich, das Qi wird dabei im Dant'ien gesammelt und ins Dant'ien zurück geleitet.

Bei Unsicherheit und Zaudern: Sollten Nieren- und Herzstärkende Übungen gemacht werden, auch Stilles Qi Gong (Sitzen oder Baumstellung) ist hilfreich.

Für Interessierte an der daoistischen Philosophie erfolgt hier noch eine Zusammenfassung:

Am Anfang steht das „WUJI“, der „Urzustand des Dao“.

Aus dem WWUJI“ erwächst das „TAIJI“, das „Allerhöchste Eine“.

Daraus entstehen die „zwei Prinzipien“ aus der Bewegung und Ruhe „Yin und Yang“,
Yin und Yang“ sind der „Puls des Universums“.

Aus YIN und YANG entstehen die „Drei“: „Himmel - Erde - Mensch“.

Aus „Himmel – Erde – Mensch“ entstehen die „WUXING“ (fünf Elemente, Wandlungsphasen, Manifestationen).

welche die „WAN-Wu“, die „Zehntausend Dinge“ hervorbringen. „Zehntausend Dinge“ sind ein Synonym für unendlich viele Dinge.

Im Chinesischen galt „Zehntausend“ als Grenze des Zählbaren und wurde als Symbol für das Unendliche gebraucht.


©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann





































Mittwoch, 22. Juni 2011

Der Große Energie - Kreislauf, Zhoutian-Übung

Im daoistischen Qi Gong sind die „Dant'ien Übungen“ und die „Übungen der Energie - Kreisläufe“ („Zhoutian- Übungen“) von zentraler Bedeutung.
Die Übungen des Dant'ien (Xia Dant'ien im Unterbauch) dienen primäer dem „Sammeln des Qi.“
Das wurde bereits im Post „Kleiner Himmlischer Kreislauf“ ausführlich beschrieben.
Die Übungen der „Energie - Kreisläufe“ dienen dazu, das gesammelte Qi in den Energieleitbahnen gezielt fließen zu lassen.
Die Daoisten sprechen von 2 Kreisläufen: Vom „Kleinen Himmlischen Kreislauf“ und vom „Großen Energiekreislauf“.
Bei der daoistischen Meditation des „Kleinen Himmlischen Kreislaufs“ steht die spirituelle Entwicklung zum „wahren Menschen“ im Vordergrund.
Eines Menschen, der im Einklang mit dem Dao lebt und der, wenn es ihm bestimmt ist, in die höchste Stufe das Dao (Erleuchtung) eintreten kann.
Die bereits beschriebenen physiologischen Auswirkungen der Übungen des „Kleinen Himmlischen Kreislaufs“ auf das Zentralnervensystem, auf das vegetative Nervensystem, auf Stoffwechsel und vieles mehr sind in den Posts „Kleiner Himmlischer Kreislauf“ nachzulesen.
Beim „Großen Energie – Kreislaufs“ ist der gesundheitliche Aspekt seit 1955, als der Arzt Dr. Liu Kui-chen durch seine erfolgreiche wissenschaftlich - medizinische Arbeit das Interesse des Westens an den chinesischen Atemmethoden und der Anwendung von Qi Gong Übungen in der TCM weckte, in den Vordergrund gerückt..
Gesund ist ein Mensch nach Ansicht der chinesischen Mediziner, wenn Yin- und Yang-Qi in harmonischem Gleichgewicht durch den Körper fließen. Ungleichgewicht oder Blockaden von Qi bedeuten immer Krankheit.
Durch die Übungen der Energiekreisläufe wird der Qi-Fluss stark beschleunigt und Yin und Yang harmonisiert. Die Energiebahnen werden gereinigt und Verengungen und Blockaden aufgelöst.
Bei den Kreislaufübungen (Zhoutian-Übungen) verbindet man Aufmerksamkeit und Vorstellung -(beides ist „Yi“ als Manifestation des „Shen“ [Geist]) - mit dem Atem und bringt dadurch das Qi im Körper kraftvoll zum Fließen.
Während der „Kleine Himmlische Kreislauf“ in den Wundermeridianen Lenkergefäß / „Du Mai“ (an der Wirbelsäule hinauf) und Dienergefäß / „Ren Mai“ (vorne Körpermitte hinunter) im Rumpf erfolgt, führt der „Große Energie - Kreislauf“ das Qi durch die Meridiane des ganzen Körpers.
Der Verlauf des alltägliche Energiekreislaufs im Menschlichen Körper“ mit Angaben von den Zeiten der Haupttätigkeit, Flussrichtung und vieles mehr wurde im Post „Die Energieleitbahnen im menschlichen Körper“ ausführlich beschrieben.


Der Große Energie . Kreislauf:
Die hier beschriebene Version des „Großen Energiekreislaufs“ wird von den Daoisten seit Generationen praktiziert und überliefert..
Die Übungsposition kann zwischen Stehen, Sitzen, Liegen oder Gehen frei gewählt werden.
Die Daoisten bevorzugen die Stehposition beim „Großen Energiekreislauf“ und die Sitzposition beim „Kleinen Himmlischen Kreislauf“.
Der Atem soll lang, langsam, sanft und tief in den Unterbauch geführt werden.
Es ist nicht notwendig, den exakten Verlauf der Meridiane genau zu kennen. Das Einhalten der angegebenen Flussrichtung und die sehr allgemeine Vorstellung vom Meridianverlauf genügt.
Wie bei jeder Qi Gong Übung wird begonnen mit dem „Lockern und Still-werden“ und dem „Sinken-lassen“ und Sammeln des Qi im Unteren Dant'ien.
Mit dem Ausatmen richtet man die Aufmerksamkeit hinunter zu den Fußsohlen zum Punkt Sprudelnde Quelle „Yongquan“. (Nierenpunkt 1 zwischen 1. u. 2 Fußdrittel in der Verlängerung des 2. Zeh) und startet den Energiekreislauf.


Einatmen
Beim Einatmen führt man das Qi über die die Fersen auf der Hinterseite der Beine und am Rücken nach oben, und zwar breit flächig über die Nieren zu den Schultern und entlang der Wirbelsäule zum „Dazhui“ (Punkt des Großen Halswirbels), wo das Qi in der Vorstellung gesammelt wird und über Nacken und Hinterkopf zu Bai Hui (Himmelstor Mitte Schädeldecke) geführt wird..
.
Ausatmen
Beim Ausatmen wird das Qi vom Kopf auf der Vorderseite des Körpers und auf der Vorderseite der Beine nach unten zur Fußsohle geführt.


Einatmen
Beim Einatmen führt man das Qi auf der Beinaußenseite und an der Körperseite nach oben bis zu Schultern und Achsel.


Ausatmen
Beim Ausatmen wird das Qi auf der Innenseite der Arme über die Handfläche zu den Fingern geführt


Einatmen
Beim Einatmen führt man das Qi von den Fingern über die Handrücken auf der Außenseite der Arme bis zum Da Zhui (Großer Halswirbel/1. Brustwirbel) und über den Hinterkopf hoch zum Bai Hui (Mitte Schädeldecke).


Ausatmen
Beim Ausatmen führt man das Qi auf der Vorderseite von Kopf, Körper auf der Innenseite der Beine zu den Fußsohlen und der Kreislauf ist im ersten Durchlauf beendet.


Nach der 3. oder 9. oder 36. Wiederholung des Durchlaufs kommt man zum Abschluß.


Einatmen
Mit dem Einatmen führt man das Qi auf der Hinterseite der Beine den Rücken über das Steißbein (Wei Lü) an der Wirbelsäule (Lenkergefäß „Du Mai“) hoch zum „Bai Hui“ (Mitte Schädeldecke).


Ausatmen
Mit dem Ausatmen senkt man das Qi vom „Bai Hui“ ins Oberen Dant'ien im Kopf (hinter dem Punkt zwischen den Augenbrauen), dann ins Mittlere Dant'ien (Mitte Brustbein im Brustraum) und letztlich von dort in das unteren Dant'ien (4 Querfinger unter dem Nabel, 4 -5 Zentimeter im Bauchinneren).
Dabei stellt man sich vor, dass man das Qi vom Bai Hui wie in eine helle Quecksilbersäule von oben nach unten ganz sanft in das Obere Dant'ien, dann ins Mittlere Dant'ien und schließlich ins Untere Dant'ien drückt.


Übungsausführung:
Während der Übung soll die Wirbelsäule möglichst gerade sein. Wirbel für Wirbel ist wie auf einem Seidenfaden aufgehängt. „Bai Hui“ (Mitte Schädeldecke) und „Hui Yin“ (Dammpunkt) liegen auf einer gedachten lotrechten Linie. Dazu ist das Becken nach vorne gekippt, das Kinn angezogen und der Kopf leicht nach vorne geneigt.
Die Vorstellungskraft kann durch lockeres Heben und Senken der Arme und Hände unterstützt werden (sowohl vor dem Körper wie auch seitlich und über dem Kopf). Der Qi-Fluss kann auch dadurch unterstützt werden, dass man mit den Händen das Qi entlang des vorgestellten Qi-Flusses führt. Am besten ist es, den Körper nicht zu berühren, sondern sich vorzustellen, dass der „Laogong Bereich“ (Mitte Handfläche innerer Laogong Punkt, Mitte Handrücken äußerer Laogong Punkt) wie ein Magnet das Qi mitzieht und führt.


Abschlussübung:
Die Hände mit den Laogong Punkten (Handfläche auf Handrücken) aufeinander auf das Untere Dant'ien legen und 36 mal aufmerksam in größer werdenden Kreisen über den Bereich Dant'ien streichen, dabei aber den größten Kreis nicht über Nabel und Schambein hinaus führen, und dann mit 24 mal mit kleiner werdenden Kreisen zurück zum Ausgangspunkt gehen.
Zur Frage, welche Hand liegt oben, welche unten, sagen die allgemeinen Regeln, dass bei Frauen die rechte Hand in der Linken liegt, dass also die rechte Hand auf dem Dant'ien liegt, und die Linke darauf gelegt wird. Bei Männern umgekehrt.
Ich sehe das wie viele Daoisten anders, weil beim daoistischen Gruß die Männer immer die rechte Hand in die Linke legen, ich fühle mich auch deutlich wohler, wenn meine rechte Hand in der Meditation in der Linken liegt.
Am Besten ist, viel zu Üben und auszuprobieren, wie man sich wohler fühlt und dann danach richten.






©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann