Mittwoch, 29. Dezember 2010

Der Unterschied zwischen Sport und Qi Gong

Sowohl beim Sport wie auch bei der Übung von Qi Gong ist es erforderlich, nicht sofort mit dem Hauptteil der Übungen zu beginnen, sondern einen den gestellten Aufgaben entsprechenden Gemüts-, Geistes- und Körperzustand herzustellen.

Beim Sport wird den sportartenspezifischen Anforderungen entsprechend aufgewärmt, gedehnt und gelockert, je nach Sportdisziplin eventuell auch mit kurzen Sprints der Puls hochgejagt und mental die erforderliche Spannung und die körperliche Betriebstemperatur aufgebaut. Bei einigen Sportarten ist es notwendig, schon im Aufwärmprogramm hohe Pulsfrequenzen und die körperliche Erwärmung bis zum Schweissausbruch zu erlangen.

Ausgenommen im Breitensport, wird insbesondere in Wettkämpfen das Abrufen des maximalen Leistungsniveaus angestrebt, wozu ein bestimmte innere Spannung zum Funktionieren der erforderlichen hormonellen Vorgänge und zum Erreichen des intensiven Flow-Erlebnis (Dopamin Ausschüttung) erforderlich ist.

Beim Qi Gong (sowohl beim Stillen Qi Gong wie auch beim Qi Gong in Bewegung) ist, im Gegensatz zum Sport, Grundvoraussetzung, sich zu entspannen und still zu werden. Das geschieht entweder durch Atemübungen, durch leichte und weiche Bewegungen im Sitzen oder Stehen oder durch sanfte gymnastische Lockerungsübungen im Stehen oder Gehen. Ohne jede Kraftanstrengung werden Muskel, Bänder und Sehnen und auch die Gelenke gelockert und mit sanftem Stretching gedehnt.

Niemals dürfen diese Lockerungsübungen zu keuchendem Atem oder Atemknappheit oder Kraftanstrengung führen. Diese vorbereitenden Übungen werden optimaler Weise mit ruhiger, sanfter Atmung verbunden. Man beobachtet Aufmerksam den eigenen Atem oder die durchzuführenden Bewegung. Das führt schon in diesem Vorstadium der Übungen zur Beruhigung des Gesamtorganismus und der Großhirnrinde, wodurch die Gedankenflut immer mehr eingedämmt wird, was wieder in positiver Wechselwirkung zu Muskeltonus und Atemtätigkeit steht.

Die umherirrenden Gedanken werden gesammelt und die Gesamtmuskulatur des Körpers entspannt sich immer mehr. Die Aufmerksamkeit wird dann einzig auf die Atmung gerichtet, sie sollte sanft, lang, ruhig und fließend sein. Mit Fortdauer der Übungspraxis wird der Atem tief in den Unterbauch geführt. Auch die Aufmerksamkeit selbst darf keinesfalls erzwungen und verkrampft sein, sondern einem ruhigen und gelassenen Beobachten ähneln. Wir atmen täglich unzählige male und merken es gar nicht. Jetzt versetzen wir uns in die Rolle des Zusehers. Wir regeln den Atem nicht, sonder schauen uns an, wie es atmet. Und wir sehen, dass, je weniger wir eingreifen und ohne jede Kraftanstrengung atmen, der Atem immer ruhiger, länger und tiefer wird. Die Atemlänge bestimmt dann Rhythmus und Länge und Dauer der Bewegung, niemals umgekehrt.

Wenn wir dann einfach Verweilen und uns beobachten und vom Kopf, über Gesichts- und Kopf- und Nackenmuskulatur bis zu den Fußsohlen und Zehen total entspannt sind, der Atem ganz ruhig und sanft fließt, als würde er von einer Seidenschnur ganz vorsichtig hinein und hinausgezogen, dann ist auch unser Gehirn und das gesamte autonome Nervensystem ruhig und gelassen. Wir haben
den optimalen Zustand zum Beginn des Hauptübungsteils erlangt.


© Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

Montag, 27. Dezember 2010

Was ist Qi Gong?

Das chinesische Schriftzeichen für Qi bezeichnet eine Naturkraft, die empirisch erfahrbar ist und ohne die Leben nicht sein kann.

Laotse, 5.Jh v. Christus definiert Qi als „Materie, die man nicht sieht, wie auch Luft Materie ist, die man nicht sieht.“

Meister You Xuande aus dem daoistischen Sakralbezirk Wudang Shan erklärt: „Qi ist mystisch, ohne Form, ist das Qi weg, so ist das Leben zu Ende. Qi ist also der Richter über unser Leben, über unsere Lebenslänge, es ist die Lebensessenz. Qi bewegt sich wie Strom wellenförmig. Staut frisches Qi vor einer Blockade im menschlichen Körper, so strahlt es schädlich aus, fließt altes Qi nicht ab, schädigt es die Organe.“

Qi ist Energielieferant für alle Auf- und Abbauvorgänge des lebenden Organismus und ausschließlich empirisch nachweisbar. Akkupunktur und Akkupressur lassen durch ihre Wirksamkeit auf das Vorhandensein von Qileitbahnen im Körper schliessen. Sind diese Leitbahnen (12 Meridiane und 8 sogenannte Wundermeridiane oder außerordentliche Gefäße) im Körper blockiert, so wird Zufuhr und Abtransport von frischem oder verbrauchtem Qi gestört und es kommt zu Funktionsstörungen und in weiterer Folge zu Erkrankungen zugeordneter Organe.

Gesundsein und durchgängige Transportwege sind eins.

Gesundwerden heißt: NICHT-DURCHGÄNGIGE Leitbahnen öffnen, frisches, mit hoher Energie geladenes Qi heranführen, altes, verbrauchtes Qi abtransportieren und ausscheiden.

Das Reine Qi, das von seiner Trägersubstanz – dem Sauerstoff der Luft und der aufgenommenen Nahrung – abgelöste Qi, kreist unentwegt in den Meridianen und Gefäßen durch den Organismus und gelangt dort hin, wo es gebraucht wird.

Das gebundene Qi gelangt mit seiner Trägersubstanz im Blut in die entferntesten Körperzellen.

Gong bedeutet Üben, Fähigkeiten erwerben, Arbeiten.

Qi Gong ist also intensives Üben mit Qi. Es ist ein jahrtausende altes chinesisches Selbstheilungssystem, bei dem Atem, Geist und Bewegung synchronisiert werden. Durch tägliches Üben kommt es zur Harmonisierung der komplementären Erscheinungsformen Yin und Yang und das überall vorhandene Qi, das wir über die Atemluft und Nahrung aufnehmen, wird in unserem Organismus vermehrt und intensiver an den Ort seiner Wirkung gebracht.

Beim Qi Gong werden nur kleine Areale der Großhirnrinde, die für den Bewegungsablauf zuständig sind, beansprucht und es kommt dadurch zur Entspannung weiter Teile des Großhirns und des gesamten Vegetativums.
Durch Üben erreicht man immer mehr einen meditativen Zustand tiefer Entspannung und Energieaufladung. Durch Üben erlangt man die Fähigkeit, Qi zu spüren, zu vermehren, zu nähren und zu lenken. Das führt zur Vermehrung unserer Lebensenergie, innerer Ruhe und Ausgeglichenheit und damit zu höherer Lebensqualität, Gelassenheit und Gesundheit.

Dem Prinzip von Yin und Yang entsprechend ergänzt man das Qi Gong in Bewegung auch durch Stilles Qi Gong, das unter Anleitung eines geschulten Trainers im Stehen, Sitzen oder Liegen geübt wird.

Die einfachste und erste Form des Stillen Qi Gong sind Entspannungs- und Aufmerksamkeitsübungen, wobei der Atemführung die höchste Aufmerksamkeit zukommt. Verschiedene Atemtechniken werden mühelos in den entsprechenden Atemübungen erlernt, der Körper ist ruhig, der Geist ist still, und das Qi wird kraft Aufmerksamkeit gelenkt und genährt.

Die Synchronisation von Atem und Geist führt letztlich bis hin zu höchsten Stufe, zur Meditation in höchster Harmonie und Leere, wo Körper und Umwelt eins werden, ruhig und schwerelos leicht, ohne Polaritäten, wo das Qi aus Natur und Kosmos über die Poren und Akupunkturpunkte aufgenommen wird und der Körper ohne jedes Zutun seine Reparaturarbeiten vornehmen kann.




© Copyright: Dr. Reinhard Hörmann