Mittwoch, 22. Juni 2011

Der Große Energie - Kreislauf, Zhoutian-Übung

Im daoistischen Qi Gong sind die „Dant'ien Übungen“ und die „Übungen der Energie - Kreisläufe“ („Zhoutian- Übungen“) von zentraler Bedeutung.
Die Übungen des Dant'ien (Xia Dant'ien im Unterbauch) dienen primäer dem „Sammeln des Qi.“
Das wurde bereits im Post „Kleiner Himmlischer Kreislauf“ ausführlich beschrieben.
Die Übungen der „Energie - Kreisläufe“ dienen dazu, das gesammelte Qi in den Energieleitbahnen gezielt fließen zu lassen.
Die Daoisten sprechen von 2 Kreisläufen: Vom „Kleinen Himmlischen Kreislauf“ und vom „Großen Energiekreislauf“.
Bei der daoistischen Meditation des „Kleinen Himmlischen Kreislaufs“ steht die spirituelle Entwicklung zum „wahren Menschen“ im Vordergrund.
Eines Menschen, der im Einklang mit dem Dao lebt und der, wenn es ihm bestimmt ist, in die höchste Stufe das Dao (Erleuchtung) eintreten kann.
Die bereits beschriebenen physiologischen Auswirkungen der Übungen des „Kleinen Himmlischen Kreislaufs“ auf das Zentralnervensystem, auf das vegetative Nervensystem, auf Stoffwechsel und vieles mehr sind in den Posts „Kleiner Himmlischer Kreislauf“ nachzulesen.
Beim „Großen Energie – Kreislaufs“ ist der gesundheitliche Aspekt seit 1955, als der Arzt Dr. Liu Kui-chen durch seine erfolgreiche wissenschaftlich - medizinische Arbeit das Interesse des Westens an den chinesischen Atemmethoden und der Anwendung von Qi Gong Übungen in der TCM weckte, in den Vordergrund gerückt..
Gesund ist ein Mensch nach Ansicht der chinesischen Mediziner, wenn Yin- und Yang-Qi in harmonischem Gleichgewicht durch den Körper fließen. Ungleichgewicht oder Blockaden von Qi bedeuten immer Krankheit.
Durch die Übungen der Energiekreisläufe wird der Qi-Fluss stark beschleunigt und Yin und Yang harmonisiert. Die Energiebahnen werden gereinigt und Verengungen und Blockaden aufgelöst.
Bei den Kreislaufübungen (Zhoutian-Übungen) verbindet man Aufmerksamkeit und Vorstellung -(beides ist „Yi“ als Manifestation des „Shen“ [Geist]) - mit dem Atem und bringt dadurch das Qi im Körper kraftvoll zum Fließen.
Während der „Kleine Himmlische Kreislauf“ in den Wundermeridianen Lenkergefäß / „Du Mai“ (an der Wirbelsäule hinauf) und Dienergefäß / „Ren Mai“ (vorne Körpermitte hinunter) im Rumpf erfolgt, führt der „Große Energie - Kreislauf“ das Qi durch die Meridiane des ganzen Körpers.
Der Verlauf des alltägliche Energiekreislaufs im Menschlichen Körper“ mit Angaben von den Zeiten der Haupttätigkeit, Flussrichtung und vieles mehr wurde im Post „Die Energieleitbahnen im menschlichen Körper“ ausführlich beschrieben.


Der Große Energie . Kreislauf:
Die hier beschriebene Version des „Großen Energiekreislaufs“ wird von den Daoisten seit Generationen praktiziert und überliefert..
Die Übungsposition kann zwischen Stehen, Sitzen, Liegen oder Gehen frei gewählt werden.
Die Daoisten bevorzugen die Stehposition beim „Großen Energiekreislauf“ und die Sitzposition beim „Kleinen Himmlischen Kreislauf“.
Der Atem soll lang, langsam, sanft und tief in den Unterbauch geführt werden.
Es ist nicht notwendig, den exakten Verlauf der Meridiane genau zu kennen. Das Einhalten der angegebenen Flussrichtung und die sehr allgemeine Vorstellung vom Meridianverlauf genügt.
Wie bei jeder Qi Gong Übung wird begonnen mit dem „Lockern und Still-werden“ und dem „Sinken-lassen“ und Sammeln des Qi im Unteren Dant'ien.
Mit dem Ausatmen richtet man die Aufmerksamkeit hinunter zu den Fußsohlen zum Punkt Sprudelnde Quelle „Yongquan“. (Nierenpunkt 1 zwischen 1. u. 2 Fußdrittel in der Verlängerung des 2. Zeh) und startet den Energiekreislauf.


Einatmen
Beim Einatmen führt man das Qi über die die Fersen auf der Hinterseite der Beine und am Rücken nach oben, und zwar breit flächig über die Nieren zu den Schultern und entlang der Wirbelsäule zum „Dazhui“ (Punkt des Großen Halswirbels), wo das Qi in der Vorstellung gesammelt wird und über Nacken und Hinterkopf zu Bai Hui (Himmelstor Mitte Schädeldecke) geführt wird..
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Ausatmen
Beim Ausatmen wird das Qi vom Kopf auf der Vorderseite des Körpers und auf der Vorderseite der Beine nach unten zur Fußsohle geführt.


Einatmen
Beim Einatmen führt man das Qi auf der Beinaußenseite und an der Körperseite nach oben bis zu Schultern und Achsel.


Ausatmen
Beim Ausatmen wird das Qi auf der Innenseite der Arme über die Handfläche zu den Fingern geführt


Einatmen
Beim Einatmen führt man das Qi von den Fingern über die Handrücken auf der Außenseite der Arme bis zum Da Zhui (Großer Halswirbel/1. Brustwirbel) und über den Hinterkopf hoch zum Bai Hui (Mitte Schädeldecke).


Ausatmen
Beim Ausatmen führt man das Qi auf der Vorderseite von Kopf, Körper auf der Innenseite der Beine zu den Fußsohlen und der Kreislauf ist im ersten Durchlauf beendet.


Nach der 3. oder 9. oder 36. Wiederholung des Durchlaufs kommt man zum Abschluß.


Einatmen
Mit dem Einatmen führt man das Qi auf der Hinterseite der Beine den Rücken über das Steißbein (Wei Lü) an der Wirbelsäule (Lenkergefäß „Du Mai“) hoch zum „Bai Hui“ (Mitte Schädeldecke).


Ausatmen
Mit dem Ausatmen senkt man das Qi vom „Bai Hui“ ins Oberen Dant'ien im Kopf (hinter dem Punkt zwischen den Augenbrauen), dann ins Mittlere Dant'ien (Mitte Brustbein im Brustraum) und letztlich von dort in das unteren Dant'ien (4 Querfinger unter dem Nabel, 4 -5 Zentimeter im Bauchinneren).
Dabei stellt man sich vor, dass man das Qi vom Bai Hui wie in eine helle Quecksilbersäule von oben nach unten ganz sanft in das Obere Dant'ien, dann ins Mittlere Dant'ien und schließlich ins Untere Dant'ien drückt.


Übungsausführung:
Während der Übung soll die Wirbelsäule möglichst gerade sein. Wirbel für Wirbel ist wie auf einem Seidenfaden aufgehängt. „Bai Hui“ (Mitte Schädeldecke) und „Hui Yin“ (Dammpunkt) liegen auf einer gedachten lotrechten Linie. Dazu ist das Becken nach vorne gekippt, das Kinn angezogen und der Kopf leicht nach vorne geneigt.
Die Vorstellungskraft kann durch lockeres Heben und Senken der Arme und Hände unterstützt werden (sowohl vor dem Körper wie auch seitlich und über dem Kopf). Der Qi-Fluss kann auch dadurch unterstützt werden, dass man mit den Händen das Qi entlang des vorgestellten Qi-Flusses führt. Am besten ist es, den Körper nicht zu berühren, sondern sich vorzustellen, dass der „Laogong Bereich“ (Mitte Handfläche innerer Laogong Punkt, Mitte Handrücken äußerer Laogong Punkt) wie ein Magnet das Qi mitzieht und führt.


Abschlussübung:
Die Hände mit den Laogong Punkten (Handfläche auf Handrücken) aufeinander auf das Untere Dant'ien legen und 36 mal aufmerksam in größer werdenden Kreisen über den Bereich Dant'ien streichen, dabei aber den größten Kreis nicht über Nabel und Schambein hinaus führen, und dann mit 24 mal mit kleiner werdenden Kreisen zurück zum Ausgangspunkt gehen.
Zur Frage, welche Hand liegt oben, welche unten, sagen die allgemeinen Regeln, dass bei Frauen die rechte Hand in der Linken liegt, dass also die rechte Hand auf dem Dant'ien liegt, und die Linke darauf gelegt wird. Bei Männern umgekehrt.
Ich sehe das wie viele Daoisten anders, weil beim daoistischen Gruß die Männer immer die rechte Hand in die Linke legen, ich fühle mich auch deutlich wohler, wenn meine rechte Hand in der Meditation in der Linken liegt.
Am Besten ist, viel zu Üben und auszuprobieren, wie man sich wohler fühlt und dann danach richten.






©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

6 Kommentare:

  1. Letztlich sollen alle Techniken dazu dienen , die eigene Energie zu sammeln und idealerweise in die "no mind" Energie zu gelangen. Der Konflikt entsteht, wenn wir Techniken ausüben, die eine Verstandesaktivität vorausetzen, weil das gerade uns in der Ebene der Formen festhält.Solange ich mich auf der Ebene meines Verstandes bewege, befinde ich mich in der Welt der Formen. Wie aber überwinde ich diese Welt der Formen, um in die Welt des Dao oder des "no mind" zu gelangen, wenn die Techniken de Kleinen oder des Grossen Kreislaufes eine so starke Konzentration meines Verstandes verlangen?

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  2. Antwort für Xbojo, dem ich für seinen Kommentar sehr dankbar bin.
    Achtsamkeit- und Konzentrationsübungen sind neben Entspannung die wesentlichen Grundlagen jeder Meditation („meditari“ lat.: nachdenken, nachsinnen). Die Techniken sind Hilfsmittel, um das gegenwärtige Erleben in den Vordergrund zu stellen, frei vom gewohnten, alltäglichen Denken, frei von Vergangenheit ( Erinnerungen, die mit Emotionen und Gefühlen verbunden sind) und frei von Zukunftund damit von Ängsten und Sorgen. Die Techniken ermöglichen einen Bewusstseinszustand des klaren Gewahrseins und der tiefen Entspannung.
    Die aktive Meditation der Inneren Kampfkunst wird in äußerer Bewegung und innerer Ruhe, die passive Meditation wird in äußerer Ruhe und innerer Bewegung durchgeführt.
    In der passiver Meditation des Stillen Qi Gong wird die Aufmerksamkeit auf ein Energiezentrum oder sequentiell auf aufeinander gereihte Energiezentren gerichtet.
    In der aktiven Meditation des Qi Gong und Tai Chi Quan sind die aufeinanderfolgenden Bewegungssequenzen der Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Der Adept lernt und übt die Formen, bis sie reflexartig beherrscht werden. Durch ständiges Üben wird die Innere Talkshow immer mehr abgestellt und die Form wird allmählich mit dem Gewahrsein des Adepten erfüllt. Einem absichtslosen und nicht-wertenden Gewahrsein im „Hier und Jetzt“. Einem Gewahrsein des zeitloses Sein im Augenblick. Ein Sein ohne die Illusion des Ichs in der Ewigkeit.
    Dies folgt seit vielen Jahrhunderten den Empfehlungen der Nördlichen Schule des Daoismus, die lehrt, dass die Kultivierung des Körpers der Kultivierung des Geistes vorangehen soll. Zum Schutz des Übenden, um die körperliche Basis für KörperGeistSeele zu schaffen.Die Übung des Inneren Kreislaufs und des QI Gong (DAOYIN) inklusive Tai Chi Quan sind machtvolle Methoden der Arbeit mit den im Körper innewohnende Energien. Die Energien werden gesammelt, vermehrt und gereinigt. Das Innere Gleichgewicht zwischen den Kanälen und Essenzen wird hergestellt, Blockaden aufgelöst und der Qi Fluss zum zirkulieren gebracht. Große Geisteskräfte entstehen, wenn das vitale Prinzip imstande ist, frei durch die psychischen Kanäle zu fließen. Viel mehr dazu in einem folgenden Post.

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  3. Gibt es auch stille Qi Gong Übungen, die sich nur mit dem unteren Dantian befassen. So wie es ja auch Übungen in der Zen Meditation gibt die sich auschließlich mit dem Hara befassen?

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  4. Geschätzter Anonymus, erstmals vielen Danke für Ihr Interesse.
    Ja, es gibt diese Übungen. Sie wurden von mir im Post: "Die Übung des Dant'ian" am 24. 11.2013 beschrieben.
    Die "Übung des Dant'an" ist die Essenz des Stillen Qigong der klassischen Inneren Schule, der "Daoistischen Wudang- Schule". Durch diese Meditation kann nach ausdauernder Übung und durch ständiges Kultivieren des Qi neben den "körperlichgestigseelischen Effekten" auch "WU JI" erlangt werden.
    Das passiert durch "QING QING WU WEI", durch absichtsloses Tun.
    „WU JI“ ist das Reich des "Reinen Geistes", das Reich der Leere, das Lao Tse als das „Namenlose“ bezeichnet hat, weil es jener Bereich ist, der jenseits von allen Vorstellungen, jenseits von Yin und Yang, jenseits von jeder Bedingtheit und Kausalität liegt. In dem Post "Die Übung des Dant'ian" werden die Auswirkungen dieser Meditation auf "KörpeGeistSeele" beschrieben.

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  5. Ich übe seit 2 Monaten täglich QiGong nach Anleitungen aus einem Buch. Meist werden 7fache Wiederholungen angegeben. Hier lese ich nun von 3, 9 oder 36 Wiederholungen. Ich muss sagen, dass mich das Zählen der Übungen hindert, meine Vorstellungskraft richtig zu nutzen und zu lenken. Daher lasse ich das genaue Zählen lieber sein.

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  6. Wenn Sie das Zählen der Übungen hindert, lassen sie es lieber sein und wiederholen Sie die Übungen so oft, wie es Ihnen gefällt und so lange, wie Ihre Aufmerksamkeit reicht. Das Zählen entspricht der daoistischen Zahlenmystik und ist für den Übungserfolg nicht essentiell.

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