Sonntag, 20. Februar 2011

Die Entspannungsmethoden des "Inneren Nährenden Qi Gong"

Das „Innere Nährende Qi Gong“ ist eine wesentliche Säule der Traditionellen Chinesischen Medizin, es wird zum medizinischen (oder auch wissenschaftlichen) Qi Gong gezählt. Das medizinische Qi Gong wurde durch
Dr. Liu Kui-chen als Spiritus Rector 1955 bekannt. Er veröffentlichte im Jahr 1957 in einem Buch seine Ergebnisse über die Methoden und Erfolge, die er in seinem Sanatorium erzielen konnte und weckte damit das wissenschaftliche Interesse an TCM (Taditionelle Chinesische Medizin) im Westen.
Dr. Liu Kui-Chen entwickelte die hier beschriebene Form des Stillen Qi Gong aus Jahrtausende alten Heilmethoden, die dann in den atemtherapeutischen Heilanstalten in T'angschan, Shanghai und in der Lungenheilanstalt auf der Halbinsel Krim in der UDSSR angewendet wurden. Siehe dazu die Posts „Inneres Nährendes Qi Gong (1 und 2)“.


Wie bereits dargestellt, beginnt Qi Gong immer mit körperlicher Entspannung und innerem Stillwerden. Dem folgen dann die Atemübungen, Meditation oder Qi Gong in Bewegung und den Abschluss bildet die Phase der Ruhe bzw Abschlussübungen zum Sammeln von Qi.
Die Entspannungsmethoden des Inneren Nährenden Qi Gong:

1. Methode: Entspannung der 6 Segmente von oben nach unten


Kopf,
Hals-Nacken, Schultern, Arme und Hände,
Brust und oberer Rücken über der Gürtellinie
Bauch-Lenden- und Beckenbereich
Beine
Füße

Die Entspannung beginnt von oben nach unten

Geist und Atem arbeiten zusammen, damit ist gemeint, dass man sich den Atem bewusst macht und mit den Vorstellungen des Geistes synchronisiert.

Einatmen: Richte dabei die Aufmerksamkeit auf den Kopf, und zwar auf Schädeldecke oder auf den Scheitelpunkt, atme Ruhe ein, begleite das Einatmen mit der Affirmation „Ruhe“

Ausatmen: Beim Ausatmen den Kopf von oben nach unten entspannen, die Ausatmung wird mit begleitet mit der Affirmation „Entspannen“. Man fühlt, wie die Entspannung von oben im Kopf nach unten sinkt.

Dies wird 3 bis 5 mal wiederholt,

dann folgen Hals-Nacken, Schultern, Arme und Hände, also die Aufmerksamkeit richtet sich auf den obersten Hals-Nackenbereich beim Einatmen, beim Ausatmen wird von oben über die Schultern, Arme und Hände bis zu den Fingerspitzen entspannt. Wieder begleitet die Aufmerksamkeit den Entspannungsvorgang vom Nacken/Hals bis zu den Fingerspitzen.

Die Vorstellung, dass beim Ausatmen die Entspannung von oben nach unten sinkt, entspricht den tatsächlichen Vorgängen in unserem Körper. Beim Ausatmen sinkt unser Qi vom Brustbereich zu den Fingerspitzen ( beim Einatmen steigt es von den Fingerspitzen zum Kopf hinauf). Beim Ausatmen sinkt das Qi auch vom Kopf zu den Fußsohlen ( beim Einatmen steigt es von den Füßen zur Brust hinauf). Es ist ein natürlicher Vorgang, dass das Qi bei der Ausatmung nach unten sinkt und der Körper bei nach unten sinkendem Qi bereit ist, sich zu entspannen .

Wieder 3 – 5 mal wiederholen.

Dann das gleiche Prozedere 3 – 5 mal bei dem darunter folgenden Segmente, also Brust und oberer Rücken, dann Bauch- Lenden- Beckenbereich, Beine und letztlich Füße, bis man bei den Zehen angelangt ist.

Diese Methode kann durch die Vorstellung erleichtert und untertützt werden, dass heilendes, klares, angenehm warm temperiertes Wasser in dem jeweiligen Segment von oben nach unten dringt, nicht nur außen, sondern auch innen im Segment. Da das Qi nach einiger Übung unserer Vorstellung folgt, wird das Qi der Vorstellung folgend nach unten sinken und ein angenehmer Entspannungseffekt eintreten.

Diese Entspannungsmethode kann im Liegen, Sitzen oder Stehen geübt werden.


2. Methode: Entspannung der 6 Segmente von innen nach außen

Hier erfolgt die Entspannung nicht von oben nach unten, sondern waagrecht in den 6 Segmente.

Man richtet die Aufmerksamkeit auf des erste Segment, den Kopf, und stellt sich vor, dass ein Tropfen einer wunderbar heilenden Essenz, (als gläubiger Mensch könnte man sich eine göttliche, reinigende und heilende Essenz vorstellen), in das erste Segment, also in den Kopf tropft.

Beim Einatmen in den Kopf richtet sich Aufmerksamkeit auf die Stelle im Kopf, wo der Tropfen dieser wunderbaren Essenz unserer Vorstellung entsprechend hineinfällt, und dann stellen wir uns vor, dass das gleiche passiert, was wir schon oft gesehen haben, wenn wir einen Stein ins Wasser werfen: Vom Zentrum des Aufpralls breiten sich kreisförmig Wellen aus, Welle für Welle und Ring für Ring von Innen nach Außen.

Also Einatmen: Dabei Tropfen fallen lassen

Ausatmen: Vom Epizentrum in der Mitte des Segment breitet sich Entspannung kreisförmig Welle für Welle und Ring für Ring nach außen aus, weit aus dem Kopf und Körper hinaus.

Die Wellen transportieren alle Spannungen, allen Ärger, alle störenden Gedanken aus dem Körper, Welle für Welle und Ring für Ring. Wir sehen das vor unserem inneren Auge in unserer Vorstellung.

Dieses Prozedere wird in allen 6 Abschnitten (Segmenten) ausgeführt,

Diese Methode eignet sich auch bestens zur Beseitigung von Schmerzen oder Beseitigung von Druck am Herzen, aber auch zur Entspannung bei starker Erregung usw.

Nach meiner Erfahrung ist es sehr hilfreich, beim Wegatmen von Schmerzen nicht nur mit dem Schmerzzentrum zu arbeiten, sondern dazu alle anderen Abschnitte des Körpers von innen nach außen zu entspannen und so den ganzen Körper in einen tiefen Entspannungszustand zu versetzen.

Diese Methode kann in allen Körperpositionen angewendet werden.


3. Methode: Die Schnelle Entspannung des ganzen Körper

Diese Methode ist sehr schnell, soll aber erst angewendet werden, wenn die 2. Methode schon erfolgreich geübt wurde.

Der ganze Körper gilt bei dieser Methode als Einheit, ohne in Segmente oder Abschnitte geteilt zu werden.

Dabei ist es notwendig, den Scheitelpunkt, auch Baihui oder Himmelstor genannt, zu kennen. Dieser Punkt liegt auf der Kopfmitte, auf dem Kreuzungspunkt der Längsmitte auf der Schädeldecke mit einer gedachten Verbindungslinie von Ohr zu Ohr.

Einatmen: Die Aufmerksamkeit liegt auf dem Scheitelpunkt.

Ausatmen: Beim Ausatmen den Kopf vom Scheitelpunkt hinunter mit der Vorstellung entspannen, dass heilendes Wasser von oben nach unten durch den Körper dringt und alles Negative aus dem Körper wäscht, und zwar vom Kopf, durch den Körper zu den Fußsohlen und durch diese hinunter tief in die Erde. Es fühlt sich an, wie eine innere, wohlig warme Dusche vom Kopf zu den Fußsohlen, die alles Negative hinaus spült.

Dieses Methode ist ebenfalls 3 -5 mal zu wiederholen und bei jeder Körperhaltung anwendbar.


4. Methode: Der Tropfen fällt in das Dant'ien

Die Aufmerksamkeit richtet sich wieder auf den Körper als Einheit. Dabei ist es notwendig, den Bereich „Unteres Dant'ien“ zu kennen. Das ist unser Hauptenergiespeicher im Unterbauch.
Er liegt 3 Querfinger (ungefähr 5 cm) unter dem Nabel im vorderen Teil des Unterbauches.

Einatmen: Das Bewusstsein ist beim Dant'ien. Um die Vorstellung des Dant'ien zu verstärken, können auch die aufeinandergelegten Hände auf den Unterbauch auf das Dant'ien gelegt werden. Wie in Methode 2 fällt in unserer Vorstellung der Tropfen einer wunderbaren und heilenden Essenz in den Unterbauch,
etwa 5 cm unter dem Nabel (in das Dant'ien), also in unsere Körpermitte.

Ausatmen: Den Körper von Innen nach Außen mit den entstehenden kreisförmigen Wellen Welle für Welle und Ring für Ring entspannen und alles Belastende und Negative aus dem Körper weit forttragen lassen.

Bei emotionalen Problemen lässt man diesen heilenden Tropfen in die Mitte des Sitzes unseres emotionalen Herzens, das ist für die Daoisten der Bereich Mitte Brustbein fallen und unsere aus Emotionen entstandenen, unerwünschten Gefühle mit den Wellen davontragen.

Diese Methode fällt erfahrungsgemäß am Leichtesten im Liegen auf dem Rücken.


Die Körperhaltungen:

Die Position des Liegen wurde im Post „Entspannung im Liegen“ ausführlich beschrieben.

Beim Sitzen sitzt man bei all den oben beschriebenen Methoden entweder ganz bequem zurück gelehnt, eventuell mit Polstern im Rücken im Bett oder im Fauteuil oder im Sitz eines Flugzeug usw. oder

auf einem Stuhl, auf dem ersten Drittel oder auf der ersten Hälfte der Sitzfläche (je nach Größe der Sitzfläche), gerade aufgerichtet, also so, wie im Post „Körperpositionen im Qi Gong“ beschrieben.
Die Hände liegen auf den Schenkeln oder sind ineinandergelegt im Schoß. Die Zungenspitze liegt bei allen Positionen am harten Gaumen hinter den oberen Schneidezähnen.

Die Position im Stehen wurde im Post „Körperpositionen im Qi Gong“ ebenfalls ausführlich beschrieben. Die Arme hängen seitlich locker am Körper herab, wobei durch leichtes Ausstellen der Ellbogen (wie im Post über die Körperpositionen beschrieben) die Achselhöhlen geöffnet werden.

Eine Variante zur normalen Standposition wäre, in der Baumstellung zu stehen. Die Körperposition ist so wie im Post "Körperpositionen.." beschrieben, also entspannt, locker, Schultern fallen lassen, Becken nach vor gekippt, kein Hohlkreuz, gerader Rücken, Kinn leicht angezogen, Brust leicht zurückgenommen usw.

Bei der Baumstellung werden die Arme und Hände so vor dem Körper gehalten, als ob man einen großen leichten Ball oder Luftballon in den Händen hielte, wobei Arme und Hände den imaginären Ball sanft umfassen.

Die Hände werden mit der Handinnenflächen nach innen in drei Höhen gehalten:

Bei hohem Blutdruck auf Höhe des unteren Dant'ien, also unter dem Nabel.

Bei normalem Blutdruck auf Höhe des Brustbeins

Bei niederem Blutdruck in Schulterhöhe.

Die Arme und Hände bilden einen sanften Bogen (es wird ein imaginärer Ball gehalten), bei gesenkten Schultern und leicht gesenkten Ellbogen, die Hände sind „hohle Hände“ mit leicht gekrümmten Fingern (Drachenhand), die Handflächen sind nach innen gerichtet und der Abstand zwischen den zueinander gerichteten Fingern beträgt etwa 20 cm.

Sobald die gewünschte Entspannung eingetreten ist, verbleibt man in Ruhe für einige Minuten in der gewählten Position und richtet die Aufmerksamkeit entspannt auf das Untere Dant'ien, sodass auch die innere Stille (Beruhigung des Cortex, Absinken der Denkaktivität) vertieft wird.
Dabei wird ruhig, sanft und langsam in den Unterbauch (in das Dant'ien) eingeatmet und beim Ausatmen alles Qi in der Vorstellung im unteren Dant'ien gesammelt.







©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

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