Dienstag, 20. September 2011

Zhan Zhuang – Stehen wie ein Baum, Stehen wie ein Pfahl


Zhan Zhuang (Dscham Dschong) ist eine der bekanntesten traditionellen daoistischen Übungen und wurde schon im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung von Laotse im „Dao-de-jing“, das die wichtigste Grundlage der daoistischen Philosophie und Religion darstellt, als „Steh-Meditation“ eindrucksvoll beschrieben:



Alleine stehst du, unwandelbar und nimmst alle Geheimnisse wahr, gegenwärtig in jedem Augenblick und im unendlichen Fließen: Das ist das Tor zu unbeschreiblichen Wundern.“

Und an anderer Stelle:


Stille und Ruhe bringen die ganze Welt ins rechte Maß zurück.“

Im „Huang Di Nei Jing“, dem klassischen Werk über Innere Medizin, das inhaltlich dem Gelben Kaiser (Huang Di) zugeschrieben wird, der im 3. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung gelebt haben soll, [(bestehend aus den beiden Büchern „Su Queen“ (Fragen und Antworten) und

„Ling Shu“ („Geheimnis der Schaniere [Verbindungen]“)]gibt es Hinweise, dass diese Übung des Stillen Qi Gong schon in der Urzeit der chinesischen Medizin bekannt war.
Der Gelbe Kaiser fragt seinen Berater, den Weisen „Khi Pa (Bao)“:


Ich habe gehört, dass es in alten Zeiten geistige Wesen gab,

die standen zwischen Himmel und Erde und verbanden das Universum,

sie verstanden Yin und Yang und lenkten die Prinzipien der Natur,

sie atmeten den Stoff des Lebens,

sie versenkten sich bewegungslos in den Geist des Lebens ...“

Für den berühmten General Yue Fei, ein historischer chinesischer Heerführer und Volksheld der Song Dynastie im 12. Jh. n. Chr., hatte seine überragenden militärischen Erfolge der gründlichen und intensiven Ausbildung und der außergewöhnlichen körperlichen Konstitution seiner Soldaten zu verdanken.

Die Basis Übung seiner Soldaten war „Zhan Zhuang“.

Zhan Zhuang ist auch heute noch Grundlage der daoistischen Kampfkünste. Auch in der Kampfschule von meinem Meister „You Xuande“ im Wudangshan (in den Bergen von Wudang) und in den Kampfschulen aller seiner Meisterschüler wird der Tradition entsprechend Zhan Zhuang als Basisübung aller Inneren Kampfkünste unterrichtet.

Tai Ji Quan wird von den Daoisten als „Mutter der zehntausend Kampfkünste“ bezeichnet.

Tai Ji Quan steht innerhalb der daoistischen Tradition und Praxis über allen anderen Inneren Kampf-Stilen. Und Tai Ji Quan auf hohem Niveau ist ohne Zhan Zhuang undenkbar.

Doch schon beim Erlernen der inneren Kampfkünste, beim körperlichen Koordinationstraining , bei dem das Üben flüssiger äußerer Bewegungsabläufe im Vordergrund steht, wird gleichzeitig Zhan Zhuang praktiziert. Durch Zhan Zhuang wird einerseits die Körperhaltung so korrigiert, dass die Gelenke, Muskeln, Sehnen und Bänder für den Qi Fluss geöffnet werden, sodass Qi frei im Körper zirkulieren kann. Anderseits wird neben der äußeren Bewegung und Körperstruktur auch die innere Bewegung, die energetische Bewegung von Qi verbessert.

Bei der Stehübung Zhan Zhuang richtet man die Aufmerksamkeit auf das Untere Dant'ien, das im Laufe der Übungen immer mehr und immer selbstverständlicher zum Mittelpunkt des Körpers wird.

Da Atem und Aufmerksamkeit auf diesen Körpermittelpunkt (etwa 4 Querfinger unter dem Nabel) gerichtet sind und das Qi der Aufmerksamkeit (Yi) folgt, werden die drei Schätze Jing, Qi und Shen (=auch Yi) im Unteren Dant'ien gesammelt und gepflegt. Das absinkende Herzfeuer (Yang) kann die Nieren wärmen und das Yin der Nieren kann das Herz (die Emotionen) kühlen .

Erst durch die Innere Übungs-Praxis (Neigong) erlangt man das Zusammenspiel von Innen und Außen, erst dadurch wird die äußere Form mit Inhalt, mit Qi gefüllt. Zhan Zhuang ist eine wesentliche Übung zum Leiten und Führen der Aufmerksamkeit (Yishi Daoyin) und zum vermehren des Nei Qi.

Das bewirkt nicht nur im Tai Ji Quan, sondern auch im täglichen Leben, dass die/der Übende sich weich, locker und sanft bewegt und trotzdem stark und kraftvoll ist. Durch das Innere und Äußere Training wird Körper und Geist vollkommen harmonisch, alles fließt, ist rund, sanft und mühelos.

Nur durch gleichzeitige Entwicklung der äußeren Form und der Inneren Übungspraxis ist ein hohes Niveau in den Inneren Kampfkünsten und völlige Harmonie in der Ganzheit der alltäglichen Bewegungen zu erreichen.

Das Üben von Zhan Zhuang gibt uns die Chance, unsere ganze Körperstruktur und Körperhaltung zu verbessern. Wir sollten uns bewusst sein, dass Körper – Geist – Seele untrennbar miteinander verbunden sind. Alle Probleme in Geist und Psyche wirken auf Atmung und Körperhaltung. Körperliche und seelische Verletzungen, unsere Erziehung, unsere sozialen und emotionalen Prägungen, unsere Ernährung und die klimatischen Einflüsse beeinflussen und verändern im Laufe unseres Lebens Körperstrukur und Körperhaltung. Und unser „Sein“ entwickelt sich aus unserem „Bewusstsein“.

Durch Zhan Zhuang finden wir zu unserer Körpermitte. Mit dem körperlichen, finden wir auch unser geistig-seelisches Gleichgewicht. Nach einigem mühsamen Üben lernen wir entspannt und locker zu stehen, erfahren äußere Ruhe und innere Stille, erlangen den Qi Gong Zustand, der bewirkt, dass unsere prägenden Muster allmählich gelöscht werden.

Durch das Üben von Zhan Zhuang verbindet man das Obere Dant'ien als Speicher des Geistes (Shen) mit dem mittleren Dant'ien als Kammer des Qi und das Untere Dant'ien, wo Jing, Qi und Shen zusammenfließen. Wenn alle drei Dant'ian kultiviert werden und durchlässig sind, dann sind Jing, Qi und Shen voll und reichlich vorhanden und die Innere Kraft und Gesundheit von KörperGeistSeele übersteigt alle Erwartungen um ein Vielfaches. Das ist einer der Hauptinhalte der Inneren Übungen (Neigong) der Wudang-Schule.

Zhan Zhuang wurde im Soge der Wiederentdeckung der lange Zeit verpönten TCM (Traditionellen Chinesischen Medizin) in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in China einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Großmeister Wang Xiang Zhai, ein berühmter Kampfkünstler, baute die ersten Qi Gong Krankenhäuser in China auf und sein Schüler, Professor Yu Yong Nian führte Zhan Zhuang erfolgreich 1953 zur Behandlung chronischer Krankheiten ein und schrieb über seine Behandlungserfolge sein 1982 erschienenes Buch, das über 500.000 mal verkauft wurde. Etwa zur gleichen Zeit hatte Dr. Liu-kui-chen in seinen Atemtherapeutischen Sanatorien in China mit dem in diesem Blog schon beschriebenen „Inneren Nährenden Qi Gong“ und „Nei Yang Gong“ ebenfalls außergewöhnliche Heilerfolge.

Das System des Zhan Zhuang:

In diesem System gibt es eine Vielzahl von Positionen im Stehen, Sitzen und Liegen, weil das ursprünglich im Stehen praktizierte daoistische Zhan Zhuang einerseits den Möglichkeiten von alten und kranken Übenden angepasst wurde und anderseits von Kampfkünstlern für bestimmte Kampf- Stile besonders geeignete Positionen generiert wurden. Empfohlener Blog

In diesem Blog wird die einfachste Standposition besprochen und erklärt, die bei entspanntem Stehen ausgeführt wird. Werden dieser Übung weitere Übungen angeschlossen, so genügt eine Übungsdauer von 5 – 10 Minuten. Wird das entspannte Stehen als Hauptübung durchgeführt, so sollte 20 – 40 Minuten geübt werden.

Die Wirkung von Zhan Zhuang:

Durch das Zhan Zhuang erreicht der Übende äußere Ruhe und innere Stille. Dadurch gerät das Qi in Bewegung und kann ungehindert durch die Meridiane fließen. Das führt zu einer natürlichen Regulierung der Meridiane von Innen nach Außen und von Außen nach Innen, und zu einem Natürlichen Fluss des Qi und einem dynamischen Ausgleich von Yin und Yang in der Oberen und unteren Körperhälfte.

Beim Ausatmen sinkt das Schwere (Yin) hinunter, beim Einatmen steigt das Leichte (Yang) auf. Lenkt man nun die Aufmerksamkeit beim Üben auf das unter Dant'ien, dann sinkt der Körperschwerpunkt von selbst allmählich nach unten. Dann erreichen wir den Zustand, der mit „unten fest und oben leicht“ bezeichnet wird und der nach daoistischer Ansicht dazu führt, dass die Jugend allmählich zurückkehrt!

Wir modernen Menschen sind ja in der Regel „oben voll und unten leer“. Unser Erleben spielt sich im Kopf ab, wir hirnen (denken) unaufhörlich, die Gedanken kreisen und stören unseren gesunden Schlaf, der Mensch unser Zeit wird von Reizen überflutet, hat beruflichen Druck, Terminstress, er ist ständig aktiv und wird letztlich überfordert bzw. überfordert sich selbst. Dazu kommt, dass das Herz (als Funktionskreis) der Raum der Emotionen ist. Zuviel an Emotionen schädigen unsere Gesundheit, und zwar auch die pathologische Freude (Xi). Im Gegensatz zur gesunden ritualisierten Freude (Le), zum Beispiel Freude über einen Genuß nach getaner Arbeit.

Gehirnrinde und Herz werden zur Mitte unserer Aufmerksamkeit. Wie schon erwähnt, das Qi folgt Yi (der Aufmerksamkeit) und der Körperschwerpunkt wandert nach oben, wo eine Energiefülle in Kopf und/oder Brust zu Kopfschmerz, Herzkreislaufproblemen und vieles mehr führen kann.

Die Ärzte der TCM stellen fest, dass durch unsere Lebensgewohnheiten, durch unsere Ernährung (Alkohol, Drogen, Fett, Coca Cola, Frittiertes ...), unser Umfeld, Überbelastung usw. Hitze (Yang) überwiegt. Innere Hitze nimmt überhand, es kommt zum Ungleichgewicht von Yin und Yang. Disharmonie von Yin und Yang wird als Krankheit definiert. Eine der Folge wäre z. B. Leberstase oder gar überschießendes Leberyang, das andere Organe attackiert

Deshalb richtet man seine Aufmerksamkeit, außer beim Blutniederdruck und typischem Yang -Mangel, immer auf das Untere Dant'ien und damit auf des Absinken des Qi.

Dadurch wird beim Ausatmen der Großteil des absinkenden Qi im Unteren Dant'ian gesammelt und bei richtiger Erdung und Verwurzelung der Rest über die Verdauungsorgane und in die Erde hinausgeleitet wird.

Das Aus-leiten von verbrauchtem Qi nach unten führt auch zum Aufsteigen frischer Energie an der Körperrückseite, von der wiederum ein Großteil vom Ming Men in das Untere Dant'ien geleitet und zur Erwärmung der Nieren  zur Stärkung  des Ming Men - Feuers gesammelt wird. Der Rest des Qi steigt bei frei durchgängigem Du Mai zum Scheitel auf.

Dadurch kommt viel Jing, Qi und Shen in den Schmelzofen (Goldener Ofen) des Unteren Datien.

Durch dass Absinken des Shen aus dem Herzen werden mit dem Herzfeuers auch allmählich  die pathogenen Emotionen, deren Sitz im Herzen ist, in das Untere Dant'ien geleitet und negative Energien gereinigt und umgewandelt.

Wir werden dadurch also „oben leicht“. Das bezieht sich natürlich auch auf den Geist, auf unser Shen im „Oberen Dant'ien“. Wir werden "unten schwer". Blut, Lymphe. Gewebsflüssigkeit und die schweren Substanzen (Körpersäfte) sinken ab. Von den "Jin + Ye", den Körpersäften, sinken insbesondere die Trüben (Jin) ab und werden ausgeleitet. Das sind Schleim, Urin und Kot.

Das körperlich-gestig-seelische „Locker-sein“ führt zur Entspannung der Cortex und fördert den protektiven, inhibitorischen Ruhezustand.

Dieser spezielle Zustand der Großhirnrinde heißt auch „Qi Gong Zustand“, in dem das vegetative Nervensystem indirekt dazu beeinflusst wird, seinen Aufgaben besser nachzukommen und die inneren Organe deutlich messbar mehr mit Blut und damit mit Qi zu versorgen, was sich erwiesener Maßen auf die Reparaturvorgänge in den Zellen positiv auswirkt.

Die Stehübung des Zhan Zhuang führt zu einer Verbesserung des Allgemeinzustands und Neustrukturierung von KörperGeistSeele.

Die Standposition:

Beim Üben im Stehen sind die Füße schulterbreit auseinander. Die Füße sind parallel mit nach vorne gerichteten Zehen. Beide Füße werden gleich belastet, das Gewicht liegt mehr auf den Zehen-ballen als auf den Fersen, verbunden mit der Vorstellung, dass die Fußsohlen mit imaginierten Wurzeln tief in die Erde reichen.

Die Knie sind in der Grundstellung leicht gebeugt, nicht durchgestreckt. Die Knie sollten nur so weit abgewinkelt werden, dass die lotrechte Linie vom Knie zu den Zehen nicht über die Zehen hinausragt. Die Knie sind leicht nach außen zu öffnen, keinesfalls soll man sogenannte X – Beine machen. Es soll ein sehr sanfter Zug nach außen in den Knien spürbar sein und die vertikale Mitte der Kniescheibe senkrecht über dem mittleren Zeh liegen. Dies ist wichtig, weil die Knie mit dem Blutkreislauf und dem Fluss des Qi korrespondieren. Fehlstellungen der Knie würden den Blut- und Qi -fluss in den Meridianen der Beine behindern.

Beim Einatmen durch die Nase wird in der Vorstellung in das Untere Dant'ien eingeatmet (sanfte und immer tiefer werdende Bauchatmung), beim Ausatmen wird der Damm und die Gesäß- und untere Bauchmuskulatur leicht ohne Kraftaufwand angespannt.

Beim Einatmen wird der Bauchraum entspannt, dadurch vergrößert sich der Raum des „Unteren Dant'ien“ und kann sich besser mit Qi füllen. Die Zunge bleibt während der ganzen Übungsdauer am oberen Gaumenbogen hinter den Schneidezähne.

Ein wichtiges Prinzip im Qi Gong besagt: „Unten fest, Oben leicht!“

Man fühlt mit der Fortdauer der Übungen eine intensive Beziehung zum Boden und erdet sich und verwurzelt sich in der Vorstellung ganz tief im Boden, es empfielt sich, am Beginn der Stehübung die Zehen bewußt einige mal gegen den Boden zu drücken, gleichzeitig wird der Körper ab der Taille immer leichter, ohne Druck und Anspannung, er hängt oder schwebt quasi am Seidenfaden, der (gedacht) am Scheitelpunkt (Bai Hui) angebracht ist und vom Himmel gehalten wird.

Das Becken ist leicht nach vorne gekippt, es ist also das Gegenteil eines Hohlkreuzes, und der Rücken kann dadurch gerade aufgerichtet werden. Diese Position ähnelt jener, die man einnimmt, wenn man gerade dabei ist, sich zu setzen. Gelingt es in dieser Position, die Bauchmuskulatur zur Probe kurz anzuspannen und dann den Bauchraum zu entspannen, dann stimmt die Beckenstellung.

Der Kopf ist wie beim oftmals beschriebenen Sitzen locker aufgerichtet, das Kinn ein wenig zur Brust angezogen und der Scheitelpunkt liegt über dem Dammpunkt. So kann Qi und Blut über dem Rücken aufsteigen und das Gehirn versorgen.

Stellt man sich vor, dass der Kopf am Scheitelpunkt auf einem Seidenfaden hängt, dann gelingt auch die Vorstellung, dass die einzelnen Wirbel der Wirbelsäule wie Perlen an einer Perlenschnur senkrecht hinunter hängen bis zum Steißbein.

Die Lippen sind leicht geschlossen, die Zähne sind nicht aufeinandergepreßt, sonder ruhen leicht aufeinander. Die Augen sind fast geschlossen. Dadurch wird das Austreten und Verlieren von Qi verhindert. Durch das Positionieren der Zungenspitze hinter den oberen Schneidezähnen entsteht die „Elsternbrücke“, dadurch werden Du Mai (Lenkergefäß) und Ren Mai (Konzeptionsgefäß) verbunden und der „Kleine Himmlische Kreislauf“ wird geschlossen.

Die Schulter hängen leicht und entspannt und die Brust ist nicht hinausgestreckt, sondern leicht eingezogen. Das entspannt die Brustmuskulatur. Die Arme hängen seitlich locker herab, und zwar einige Zentimeter weit vom Körper weg, sodass man in die Achselhöhlen jeweils einen Tischtennisball legen könnte. Es hilft auch die Vorstellung, dass in den Achseln ein rohes Ei gehalten wird, das einerseits nicht zerdrückt werden soll und anderseits nicht hinunter fallen darf. Dadurch sind die Achselhöhlen geöffnet und das Qi kann frei fließen.

Die Arme werden dann vor dem Körper zur Brusthöhe so angehoben, die Ellbogen sind locker und leicht gebeugt und und werden leicht fallen gelassen, das heißt, sie sind etwas tiefer als die Hände, die so gehalten werden, als ob man einen leichten Ball oder Luftballon sanft zur Brust drücken würde oder wie bei einer Geste des Umarmens. Dabei sind Arme und Hände völlig locker und Schulter- Ellbogen und Handgelenke entspannt und für den Qi- und Blutfluss offen.

Knie und Ellbogen korrespondieren. Wie die Knie für die unteren Extremitäten sind die Ellbogen für die oberen Extremitäten die Gelenke mit dem größten Einfluss auf das natürliche Fließen von Qi und Blut.

Wichtig: Qi bewegt das Blut, Blut ist die Heimat des Qi!

Die Hände werden hohl gemacht, die Finger berühren einander nicht und sind leicht gekrümmt. Die Handinnenseiten weisen zur Brust, die Finger zeigen mit den Spitzen locker zueinander, dürfen also nicht gestreckt, gespreizt oder zusammengekrallt sein. Die Fingerspitzen zeigen zueinander in einem Abstand von etwa 10 bis 20 Zentimeter.

Übende mit normalem Blutdruck heben die Arme auf Brusthöhe, die Handflächen zeigen zur Brust.

Übende mit Bluthochdruck sollten die Arme nur bis Nabel- oder Magenhöhe hochheben,
zusätzlich können je nach Wohlgefühl die Handinnenflächen zum Boden gerichtet werden.

Übende mit Blutniederdruck sollten die Arme über die Brusthöhe heben, zusätzlich können die Handinnenfläche je nach Wohlgefühl nach oben gerichtet werden.

Bei allen Übungen des Qi Gong, also auch bei „Zhan Zhuang“ ist es wichtig, dass die Handgelenke entspannt und locker sind.

Dazu werden die Hände hohl gemacht und die Finger leicht gekrümmt. Das nennt man „Drachenhände“, die gemeinsam mit den geschmeidigen Handgelenken und den geöffneten Achseln zu einer Regulierung der Meridiane des Oberkörpers führen.

Die Augen sind leicht geöffnet, der Blick ist leer und einige Meter nach vorne unten gerichtet, ohne irgendetwas zu fixieren. Der Blick kann aber auch in der Vorstellung im Bereich zwischen den Augen („Yin Tang“ - „Himmelsauge“) nach Innen gerichtet sein. Wir verlieren täglich viel Qi durch die Augen!

Das im Qi Gong obligatorische sanfte Lächeln ist verbunden mit einer Entspannen des „Yin Tang“ Bereichs (über der Nasenwurzel zwischen den Augen). Das führt nicht nur zur Entspannung der mimischen Muskulatur, sondern auch zu einer besseren Durchblutung des Kopfes und vor allem einiger Teile des Gehirns.

Hinsichtlich der Stehhöhe (abhängig vom Winkel der Knie) ist es ratsam, dass Anfänger darauf achten, die Knie nie durchzustrecken. Anderseits soll aber keine zu tiefe Position eingenommen werden. Das wäre mit einer zu großen Anstrengung verbunden, und würde kontraproduktiv zu Ablenkung und Verkrampfung führen und die Übungsdauer extrem verkürzen.

Der Übungsort:

Optimal ist ein schöner, ruhiger, störungsfreier Platz in der Natur, im Garten, Park, Wald usw.

Bei Regen, Gewitter und Wind sollte nicht geübt werden.

Ist das Üben im Freien nicht möglich, sollte ein heller, freundlicher und gut durchlüfteter Raum gewählt werden. Man darf keinesfalls in der Zugluft stehen.

Offene Türen schließen und sich vor störendem Lärm schützen ist sehr wichtig, vor allem sollte jähe plötzliche Lärmquellen wie Telefon ausgeschaltet werden.

Kleidung:

Lockere Kleidung, die Bewegungsfreiheit in alle Richtungen erlaubt ist wichtig. Am besten keine Kunstfasern (keine elektrostatische Aufladungen hervorrufen), sondern luftige Kleidung ohne beengenden Gürtel.

Persönliche Habseligkeiten:

Die persönlichen Habseligkeiten werden gemeinsam mit allen störenden Gedanken vor dem Übungsbeginn abgelegt!


Vor Übungsbeginn:

Von oben nach unten entspannen (Vorstellung einer  inneren und äußeren Dusche), sodass äußere Ruhe und innere Stille eintritt.
Dreimal durch die Nase einatmen und durch den Mund die Atemluft aushauchen mit der Vorstellung, "Negative Energie hinaus"!
Dreimal in den Unterbauch einatmen und sich dabei vorstellen, das Qi im Unteren Dant'ien zu sammeln.

Oder mit dem Einatmen das Qi gedanklich von den Fersen zum Scheitel über Hinterbeine und Rücken hochziehen und beim Ausatmen über Gesicht, Oberkörper und Vorderseite der Beine
zweimal in die Erde leiten und beim dritten mal im Unteren Dant'ien enden und dort das Qi sammeln.


Nach der Übung:

Mit den aufeinanderliegenden Händen im Uhrzeigersinn 36 mal in größer werdenden Kreisen den Unterbauch um das Untere Dant'ien massieren und 24 mal gegen den Uhrzeigersinn mit kleiner werdenden Kreisen zurück. Nicht über Nabel und Schambein hinaus massieren!


Die Übungsdauer:


Werden an diese Übung weitere angeschlossen, so ist eine Übungsdauer von 5 -10 Minuten zu empfehlen

Wird Zhan Zhuang als Hauptübung durchgeführt, so sollte 20 – 40 Minuten geübt werden.

Bei täglichem Üben mit der Übungsdauer von etwa 30 - 40 Minuten wird das Qi- Potential erheblich erhöht. Die Dysbalance von Yin und Yang wird beseitigt werden und das Aktivitätspotential wird durch die Stärkung des Qi des Früheren Himmels die Vitalität, die Gesundheit und die Lebensfreude eklatant verbessern.

Die Fertigkeit der relativen Ruhigstellung der Großhirnrinde wird zunehmen und dadurch die Wirkung der Emotionen auf das Großhirn mindern. Umso besser wird die Großhirnrinde ihre Schutzfunktion gegen Krankheitsbefall wahrnehmen und das Immunsystem stärken.

Es kann auch vorkommen, dass die/der Übende in einen tiefen, tranceähnlichen Zustand ohne Raum und Zeit, ohne Form und Vorstellung sinkt. Sie/Er wird sich des eignen Selbst, ihrer/seiner abgetrennten „Existenz“ nicht mehr bewußt sein, sich mit den eigenen Erkenntnissen, Plänen und Aktivitäten nicht mehr identifizieren und nach der Übung wissen, dass sie/er eine völlig neue geistig seelische Landschaft ohne Begrenzungen betreten hat. 

Die Daoisten bezeichnen diesen Zustand als „WU WEI“. Als Zustand des „Nicht Tuns“, des „Absichtslosen Tuns“ oder „Wollen im Nicht Wollen“.

Es kann durchaus vorkommen, dass während des Übens mehrere Stunden vergangen waren, und das erst nach der Übung registriert.

Für alle an der TCM besonders interessierte Leser hier ein guter Hinweis.





©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann




2 Kommentare:

  1. Während ich Qi immer als die in Bewegung befindliche Kraft gesehen habe, scheint Qi Gong den Übergang in die Stille und in die Leere zu bringen, in das nicht Manifeste, was auf die eigentliche Essenz hinter allen Dingen hindeutet

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  2. Vielen dank für die ausführliche Beschreibung und detaillierte Information! Sie sind ein recht großzügiger Mensch! :D

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