Freitag, 28. Januar 2011

Eine alte Methode für Gesundheit und Wohlbefinden unter professioneller Führung erlernen.

Unter dem Motto „Eine alte Methode für Gesundheit und Wohlbefinden unter professioneller Führung erlernen“ versuchte Dr. Leo Haffner gekonnt in einer Radio Livesendung, verschiedene Aspekte des Qi Gong für die Hörer seiner beliebten Kultursendungen zu beleuchten.

Einige Leser dieses Blogs schrieben mir Emails mit Fragen, die im folgenden Interview von mir im Kontext mit einem breiten Überblick beantwortet wurden.

Da Qi Gong etwa viertausend Jahre alt ist, sind meine damaligen Antworten auch heute noch aktuell und ich würde die Fragen auch jetzt im Radio live gleich beantworten.

Dr. Leo Haffner führte als Kulturchef der ORF, Landesstudio Vorarlberg, das aufgezeichnete Gespräch im netten „Plauderton“, immer wieder durch schöne Barockmusik aufgelockert und zeigte sich bei seinen Fragen bestens vorbereitet:


Herr Dr. Hörmann, Sie sind von der Ausbildung her Jurist, waren Geschäftsführer einer großen Sporthandelskette, der Zeit sind Sie Chef einer Schweizer Holding. Was bringt einen nüchtern denkenden, auf Gewinn ausgerichteten Geschäftsmann dazu, gleichsam eine zweite Existenz zu führen, und zwar als Qi Gong Meister, der Schäden reparieren will, die unser erfolgsorientierter Berufsstress mit sich bringt?

Primär die eigene Erfahrung im Umgang mit dem Beruf, mit dem eigenen Körper, mit den eigenen Verschleiß - Erfahrungen und dem eigenen Vakuum, das im Berufsleben entsteht und als „burn out“ immer mehr zum Problem der Führungskräfte wird. Und die Sinnfrage stellt sich sehr schnell, in dem Augenblick, wo man eine inneres Vakuum spürt, wo man innere Bereiche nicht abdecken kann, zum Beispiel den spirituellen Bereich.

Wenn ich nun Journalisten Kollegen frage, warum sie über Qi Gong nichts schreiben, höre ich meistens, „das ist für mich zu fremdartig, wir leben ja in Europa“. Andererseits kennt jeder die Kung Fu Filme, hat etwas von dem Auftreten der Shaolin Mönche in Österreich gehört oder sie im Fernsehen gesehen. Nun, ist Qi Gong etwas, das auch für normale Brotesser wie mich und meine Hausnachbarn zum Beispiel geeignet ist?

Der Shaolin Mönch ist doch ein Mensch aus Fleisch und Blut, wie jeder Journalist und jeder sogenannte „normale Mensch“, er hat die gleichen Energieströme, er hat die gleichen „Wehwehchen“, die gleichen Empfindlichkeiten und die gleichen Empfindlichkeitsstörungen wie andere Menschen auch. Nur er erlernt durch Qi Gong die Sensibilität, seinen Körper zu fühlen, zu spüren und seine Energien bewusst zu lenken und auf seine körperlichen Zustände zu reagieren. Im Qi Gong Zustand kommt es messbar zu Gehirnströmen wie im Tiefschlaf. Weite Teile der Großhirnrinde und das Vegetativum werden entspannt. Die Mediziner betonen immer die positive Wirkung dieses Effekts auf unser Immunsystem, das ist auch der Grund, warum viele meiner befreundeten Ärzte Qi Gong komplementär zu anderen Behandlungsmethoden empfehlen. Die beruhigende Wirkung auf unser Gemüts ist einer der ersten spürbaren Effekte des Qi Gong.

Also Qi bedeutet Energie, und zwar seelische Energie, physikalische Energie, emotionale Energie?

Ja, Qi ist eine sehr umfassender Energiebegriff, also eine Naturkraft,ohne die es Leben nicht gibt.

Können Sie uns etwas sagen über den Ablauf einer Qi Gong Übung, soviel ich weiß sind da drei Komponenten wichtig, die Atemlenkung, die Bewusstseinslenkung und die Konzentration und gleichzeitig spielt ja die Bewegung eine große Rolle, wobei alle drei in eines übergehen und sozusagen eine Einheit werden?

Jede Qi Gong Übung beginnt mit äußerer Ruhe und innerer Stille. Bei Störeinflüssen ist Qi Gong unmöglich, erst wenn äußere und innere Ruhe einkehrt, kann man Atmung, Geist und Bewegung synchronisieren, also innere und äußere Abläufe übereinstimmen und Qi Gong Übungen ausführen.

Könnten Sie uns kurz sagen, welche Effekte eine solche Qi Gong Übung hat?
Ich habe selbst einmal bei einem Kurs beobachtet, wo Leute gestresst und nervös gekommen sind und dann nach Kursende nach zweieinhalb Tagen völlig verändert waren und sich ganz anders verhalten haben?

Der Primäreffekt ist Entspannung, eine tiefe Regeneration des Nervensystems, große Teile der Großhirnrinde werden ruhiggestellt, das Gemüt wir harmonisiert, was sich in Wechselwirkung mit dem Immunsystem sehr positiv auswirkt, und wir merken das schon in einem Seminar in der Stimmung, im Gesichtsausdruck, in der Gesichtsfarbe, im Verhalten untereinander, aber natürlich auch in der Akzeptanz der eigenen Person und der Umgebung. Die Harmonisierung im Inneren führt auch zur Harmonisierung der Umwelt.

Ist die Wirkung von Qi Gong medizinisch gesehen überprüfbar? Ist sie messbar? Oder vollzieht sich das in Bereichen, wo der Mediziner vielleicht mit der Achsel zuckt und sagt, das ist Einbildung?

Die Wirkung von Qi Gong, das heißt der Arbeit mit Qi ist sehr leicht messbar. Am einfachsten bei Akupunktur oder Akupressur. Es gibt chemische Reaktionen im Körper, die jederzeit nachweisbar sind, die zum Beispiel ermöglichen, einem Patienten die Mandeln zu entfernen, ohne ihn zu narkotisieren. So geschehen 1976 in Österreich. Auch Blutdruckmessungen vor und nach dem Qi Gong sind sehr leicht messbar und die Wirkung belegbar. Es ist also vieles messbar, manches allerdings nur schwer erklärlich.

Ein Handwerkermeister aus Dornbirn, der einen Kurs bei Ihnen absolviert hat, erklärte am Beginn des Kurses sinngemäß, „das Können des Dr. Hörmann werde ich ohnehin nicht erreichen, er scheint offenbar ein Supersportler zu sein, der nie krank gewesen ist“, stimmt das?

Ich habe schon in frühen Jahren an Ischias und Rheuma gelitten, hatte jährlich meine Verkühlungen wie jeder andere auch und habe so manches seelisches Ungleichgewicht mit einem Virus gebüßt. So, wie es halt vielen anderen Menschen geht.

Und was hat Ihnen da das Qi Gong gebracht? Was hat sich dann geändert?

Nun das Qi Gong hat mich auf einen gesundheitlichen Level gebracht, dass ich zwölf oder fünfzehn Jahre nicht mehr krank bin.

Eine Illustrierte, „Die Wienerin“, brachte einen Bericht über eine 114 Jahre alte Frau aus der Provinz Hubei in China, diese Frau hat ihre Gesundheit, sie hat offenbar noch alle eigenen Zähne, dem Qi Gong zugeschrieben. Halten Sie so etwas für möglich?

Ja, die alte Dame ist eine daoistische Meisterin, die persönlich kenne. Ich habe sie schon öfter besucht, zuletzt im Juli dieses Jahres. Aber sie klagte über ärgste Schmerzen in der Hüfte. Sie erzählte mir, dass Journalisten und Leute von der Regierung mit einem Hubschrauber zu ihr kamen, sie filmten und ihr aber keine Spende gaben, obwohl sie sahen, wie arm sie lebt, ohne Strom, ohne Wasser usw. Sie lebt nur von Spenden.
Sie ärgerte sich darüber und sie führte nun ihre starke Schmerzen auf ihr seelisches Ungleichgewicht zurück. Ihre Reaktion war Stilles Qi Gong, um sich wieder einzupendeln.


(Das im Post eingefügte Foto aus dem Juli 1997 zeigt in der Bildmitte die daoistische Meisterin, links Tian Liyang, rechts
Dr. Hörmann Liqing)

Aber 114 Jahre ist ja auch nicht schlecht?

Das ist sicher nicht schlecht, aber diese Meisterin wird noch lange leben, wenn sie nur will.

Herr Dr. Hörmann, Sie beginnen demnächst wieder einen Kurs in[...], braucht man da irgendwelche Vorkenntnisse und wie ist der Kurs aufgebaut?

Man braucht keine Vorkenntnisse, die einzige Voraussetzung ist, dass man dem ganzen positiv gegenübersteht und noch lachen kann, für griesgrämige ist Qi Gong nicht geeignet. Der Kurs ist so aufgebaut, dass jeder dort abgeholt wird, wo er steht.

Eine Schlussfrage zu Thema Lachen. In der modernen Schulpsychologie wird das Lustprinzip großgeschrieben, man darf also beim Qi Gong auch lustig sein?

Probieren Sie einmal tief zu atmen, wenn Sie ganz böse schauen. Es wird nicht gelingen. Lächeln Sie dann und atmen sie frei durch und sie spüren den Unterschied. Die Menschen, die immer finster und verbissen dreinschauen, können gar nicht tief atmen, haben eine verkümmerte Atemmuskulatur und schlechten Sauerstoffaustausch und legen damit wieder den Grundstein für künftige Probleme

Mit Dr. Hörmann sprach Dr. Leo Haffner, gesendet von Radio Vorarlberg und in einigen Lokalenzeitungen veröffentlicht im Oktober 1997



©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

Montag, 24. Januar 2011

Eine daoistische Übung zur Verbesserung der Bauchatmung

Eine jahrtausendalte daoistische Überlieferung lautet:

„Ist der innere Bauchbereich entspannt, so fließt das Qi frei und ungehindert“.

Die Atmung wird benutzt, um für Anspannung und Entspannung im Bauchraum zu sorgen und das Qi zu stimulieren. Es handelt sich nach daoistischer Überzeugung bei der Bauchatmung um eine Gesundheitsübung zur Bewegung der inneren Organe.

Laut daoistischer Überlieferung ist das die einfachste und ungefährlichste Methode, um das Qi im Atemrhythmus zu bewegen und in den Bereich Dant'ien (wenn nichts anderes angegeben wird, ist immer das untere Dant'ien, drei Querfinger unter dem Nabel gemeint) abzusenken. Das Absenken dient dem Sammeln und Bewahren des Qi.

Die Übung wird, völlig entspannt am Rücken liegend, durchgeführt. Die Aufmerksamkeit ist auf die Atmung, verbunden mit den durch den Atem ausgelösten Bewegungen von Brust und Bauch gerichtet.

Man legt die Hände auf den obersten Bereich des Brustkorbs, atmet ein und spürt, wie sich dieser Bereich ausdehnt bzw. hebt. Der Atem wird ganz locker ohne jede Anstrengung in den oberen Brustbereich geführt. Ziel ist die Beatmung der oberen Lungenflügel. Beim Ausatmen spürt man die Gegenbewegung des Brustkorbs in diesem Bereich.

Gelingt das, stützt man die Hände seitlich an die Rippenbögen und beatmet den mittleren Brustbereich. Die Rippen werden deutlich fühlbar beim Einatmen nach außen bewegt und gehoben, beim Ausatmen spürt man auch hier die Gegenbewegung.

Der dritte Bereich, auf den die Hände zu liegen kommen, ist der Unterbauch, der Dant'ien Bereich unterhalb des Nabel.

Beim Einatmen wird das Zwerchfell angespannt und abgesenkt und drückt auf die Gedärme und die Organe im Bauchraum.

Der Unterbauch wölbt sich heraus und hebt die auf dem Bauch liegenden Hände, beim Ausatmen senkt sich die Bauchdecke wieder ab und der Unterbauch wird entspannt. Das Zwerchfell entspannt sich ebenfalls wieder und kehrt in die ursprüngliche Lage zurück.

Wenn all diese drei Phasen des Einatmens gelingen, ist der Grundstein gelegt, die drei Phasen zu kombinieren und die Übung gemeinsam mit der vierten Phase, der Phase des Ausatmens, zu komplettieren.

Mit einer lockeren und sanft fließenden Einatmung wird erst der oberste, dann der mittlere Bereich des Brustkorbs und schließlich auch der Unterbauch, auf dem jetzt während der ganzen Übungsdauer die Hände übereinander liegen, beatmet. Es macht keinen Unterschied, ob die linke oder die rechte Hand zu oberst auf der anderen Hand liegt.

Ohne den Atem anzuhalten und ohne merklichen Übergang folgt daran die vierte Phase des Ausatmens, während der das Perineum, der Damm zwischen Anus und Geschlechtsorgan, leicht angespannt wird. Es kommt dadurch zur Anspannung des Schließmuskels und auch die Höhlung des Geschlechtsorgans wird leicht angespannt und angehoben.

Jede Atembewegung beeinflusst die Anspannung und Entspannung des Zwerchfells und bewegt stimulierend Magen und Darm. Dadurch wird das Zwerchfell gestärkt und die Elastizität der Blutgefäße im gesamten Blutkreislauf erhöht.

Während der Blutfluss im Kopfbereich absinkt, steig er gleichzeitig im Bauchbereich an. Das führt zu einer Befreiung von immer wiederkehrenden Gedanken und die Gemütsverfassung wird ruhiger. Die Reflexe in den Nerven des verlängerten Rückenmarks am unteren Ende der Wirbelsäule werden entspannt.
Das Rückenmark endet zwischen dem ersten und zweiten Lendenwirbel, sodass in vier Lendenwirbel und im Kreuzbein und im Steißbein die Nerven des verlängerten Marks dessen Funktionen übernehmen.

Durch das Stimulieren des Qi wird der Körper widerstandsfähiger gegen Krankheitserreger und durch das Bewahren der Aufmerksamkeit auf dem Bereich des Unterbauchs, wo die Hände aufliegen, kommt es zum Absinken des Qi in das Dant'ien (Hauptenergiezentrum des menschlichen Körpers) und zur Stärkung des Meridiansystems (System der Qi Leitbahnen) und der Vitalkraft.


©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

Die Atmungsweisen im Qi Gong

Natürliche Atmung:

Das ist die ungezwungene, individuelle, natürliche Atmung, bei der die Atemzüge nicht willentlich beeinflusst werden.
Das kann entweder Brust- oder Bauchatmung sein oder ein Mischform von beiden Atmungsweisen.


Brustatmung:

Während man bei Säuglingen und Kleinkindern noch die Bauchatmung als natürliche Atmung findet, ist bei erwachsenen Menschen die Brustatmung die übliche Atemweise. Wann dieser Übergang von Bauchatmung zu Brustatmung vor sich geht, dürfte aufgrund der individuellen Umstände unterschiedlich sein. Gesichert scheint, dass die Bauchatmung durch die große Flexibilität und Beweglichkeit des gesamten Körpers des Kleinkindes in den ersten Lebensjahren gefördert wird und die Brustatmung nur untergeordnet vorkommt.

In jedem Fall geht der Übergang von Bauch- zu Brustatmung einher mit einer Verminderung der Gelenkigkeit, einer stärkeren Verkrümmung der Wirbelsäule und einer zunehmenden Verhärtung und Verspannung des Körpers, ungefähr ab dem siebenten Lebensjahr.

Bei der Brustatmung wird der Brustkorb bei der Einatmung vorgewölbt und bei der Ausatmung zusammengezogen. Durch äußere Einflüsse, wie körperliche Fehlhaltungen, sitzende oder den Rumpf beugende Tätigkeiten, Verspannungen, Stress etc. kann die Atmung sehr flach oder unregelmäßig werden.

Die atem-therapeutische Aufforderung, „tiefer zu atmen“, führt dann meistens nur zu einer intensiveren Beatmung des mittleren Lungenbereichs. Dadurch kommt es beim Einatmen zum Erweitern des Brustkorbs, aber zu keinem oder nur geringem Senken des Zwerchfells und beim Ausatmen zu keinem oder nur geringem Heben des Zwerchfells und zu einem Senken des Brustkorbs.

Durch die geringe Bewegung des Zwerchfells wird die vorhandene Lungenkapazität nicht genutzt, weil die notwendige Bewegung des Zwerchfells nach unten fehlt, um der Lunge genügend Volumen zum Atmen zu verschaffen. Durch das fehlende Heben des Zwerchfells beim Ausatmen funktioniert das Ausstoßen des giftigen Kohlendioxid nur ungenügend, was zur Verunreinigung des Blutes führt und die Entstehung von Krankheiten begünstigt.

Darüber hinaus wird das Herz im Gegensatz zur Bauchatmung bei der flachen Brustatmung durch das Fehlen des Druckgefälles in der Lunge beim Hochpumpen des venösen Blutes nicht unterstützt, wodurch die Gefahr für Herzprobleme, Kreislaufbeschwerden, Venenerkrankungen etc. gefördert wird.


Bauchatmung:

Beim Einatmen wird das Zwerchfell zusammengezogen und nach unten gedrückt und der Unterdruck im Spaltraum der Brusthöhle verstärkt, die Lunge dehnt sich aus und die Luft wird angesaugt. Auf das Senken des Zwerchfells folgt das Erweitern des Bauchraums und Heben der Bauchdecke . Der Unterbauch wölbt sich nach außen. Dem folgt ein geringes Erweitern des Brustkorbs.

Beim Ausatmen hebt sich das Zwerchfell, der Bauch zieht sich zusammen und es kommt zum Senken der Bauchdecke.
Diese Atembewegungen führen zu einem Effekt im Beckenbauchraum, der einem Blasebalg sehr ähnlich ist. Die entstehende Druck- und Sogwirkung bewirkt eine stärkere Durchblutung aller über und unter dem Zwerchfell liegenden Organe.

Diese Atmungsbewegungen haben im Qi Gong eine grundlegende Bedeutung für das Sammeln und Regenerieren des Qi im Unteren Dant'ien, dem Hauptenergiezentrum, das drei Querfinger unter dem Nabel im Beckenbauchraum liegt.
Die Atembewegung führt wie eine Pumpe zum Heben und Senken des Qi und verstärkt und unterstützt die Leistungsfähigkeit des gesamten Meridiansystems (Meridiane sind unsere Energieleitbahnen).

Das Einströmen des Atems ist nicht selten nach dem Eintreten der inneren Stille während des Übens von Qi Gong von tieferen Empfindungen begleitet, von der Wahrnehmung des alles durchdringenden Qi – Atems, der auch den geistig seelischen Bereich erfasst und ein unbeschreibliches Wohlbefinden hervorruft, auch ein Gefühl von innerer Ruhe und Harmonie. Das Empfinden, dass alles gut ist und Sinn hat, so, wie es ist.

In den östlichen Wegen der Meditation trägt die Vertiefung der Atmung wesentlich dazu bei, Entwicklungen im fein- stofflichen Bereich zu unterstützen und Meditierende auch auf spirituelle Erfahrungen vorzubereiten.


Paradoxe Atmung (umgekehrte Atmung):

Diese Atmung entspricht der Umkehrung der Bauchatmung. Bei der Einatmung wird das Zwerchfell gehoben und der Bauch eingezogen, bei der Ausatmung senkt sich das Zwerchfell und der Bauch wölbt sich vor.
Diese Atmung führt zu einer sehr effizienten Anregung des Qi-Flusses und ist auch Grundlage für andere Atemübungen. Auch bei dieser Atemführung sollte nichts erzwungen werden und der Körper sollte immer entspannt und locker sein. Gelingt das nicht, wartet man und übt sich in Geduld, bis sich diese Atmungsform auf ganz selbstverständliche Weise aus der Bauchatmung entwickeln lässt.

Die Einatmung wird mit einem sanften Anspannen des Perineums (Damm zwischen After und Geschlechtsteil) verbunden.


Atmung mit Atempausen (periodisch intermittierende Atmung):

Diese Atmungsform wurde bei den Post' s „Inneres Nährendes Qi Gong“ eingehend beschrieben. Es folgt dem Ein- oder Ausatmen eine kurze Pause. Diese Atemform wird in Kombination mit der Bauchatmung, wie in den angeführten Post' s beschrieben, zur Harmonisierung von Yin und Yang eingesetzt.


Die Wind(geräusch) Atmung:

Bei dieser Atmungsform wir durch die Nase geatmet, und zwar so heftig, dass der eigene Atem wie das Rauschen des Windes als Geräusch gehört wird.

Man atmet in einem Rhythmus zweier heftiger, aber trotzdem ohne Anstrengung weich fließender, aufeinanderfolgender, relativ kurzen Einatmungen und einer anschließenden längeren Ausatmung.

Also: Kurze Einatmung - kurze Einatmung – längere Ausatmung

Die Windatmung wird überwiegend im Gehen zur Behandlung schwerer, chronischer Erkrankungen und in der Krebstherapie eingesetzt und führt zu einer stark erhöhten Sauerstoffaufnahme


Atmungsform des „Öffnen und Schließens“ (Körperatmung)

Die Aufmerksamkeit liegt beim unteren Dant`ien und man stellt sich vor, dass sich sämtliche Poren des Körpers beim Einatmen öffnen (mit Ausnahme derer am Kopf), um universales Qi einzusaugen. Die paradoxe Atmung, verbunden mit einem sanften Anspannen des Perineums (Damm, zwischen Anus und Geschlechtsteil) unterstützt die Vorstellung, die weit hinaus in das Weltall reicht, um von dort reines, heilendes Qi zu holen.

Am Anfang des Übens dieser Atmungsform stellt man sich beim Ausatmen vor, dass sich die Poren schließen und das aufgenommene Qi im unteren Dant'ien gesammelt und bewahrt wird.

Im fortgeschrittenen Stadien erlangt man den Zustand, den man als Qi Gong Zustand bezeichnet, einen Zustand, wo Körper und Geist völlig im Einklang sind, ein Gefühl tiefer Harmonie, frei von umherirrenden Gedanken, und man kann dazu übergehen, sich bei der Ausatmung vorzustellen, das verbrauchte, toxische Qi durch die Poren abzustoßen, gleich dunklen kleinen Kugeln, die bis in die Unendlichkeit hinausgeschossen werden.


Grundsätzliches:

Wenn nicht anders beschrieben, erfolgt die Atmung bei allen Atmungsweisen durch die Nase.

Für die Durchführung aller angeführten Atemmethoden gilt, dass, bevor man mit dem Hauptteil der Übungen beginnt, einige male bewusst ein- und auszuatmen ist und dann nach der letzten, etwas tieferen Einatmung sehr konzentriert durch den Mund ausgeatmet wird , mit der Vorstellung, dass alles schlechte, verbrauchte, trübe Qi, das sich im Körper angesammelt hat und die Meridiane blockiert, mit der Ausatmung den Körper verlässt.

Dann atmet man neun mal locker, aber etwas tiefer durch und fühlt dabei, wie sich der Körper mit frischem Qi, strahlend wie helles Licht, füllt.

Achtung:

Die Bauchatmung ist relativ einfach zu erlernen, bei allen anderen Atmungsformen ist es empfehlenswert, einen erfahrenen Qi Gong Lehrer zu konsultieren oder entsprechende Kurse zu besuchen. Etwaige Fragen per Email oder Kommentare in diesem Blog beantworte ich sehr gerne.

Die Atmungsweisen „Embryonalatmung (Taixi)“, „Fußsohlenatmung“ und „Kleiner Himmlischer Kreiskauf“ werden aus Gründen der leichteren Verständlichkeit und der Fülle der Informationen Gegenstand eines gesonderten Post' s sein.


© Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

Samstag, 22. Januar 2011

Die Atmung, Teil 2

Wozu brauchen wir die Atmung, wozu den Sauerstoff?

Mit der Atmung nehmen die roten Blutkörperchen über die Lungenbläschen den Sauerstoff auf. Über die Blutbahnen wird der gesamten Organismus mit Sauerstoff versorgt.

Die Körperzellen benötigen zur Energieumwandlung Sauerstoff, ohne den sie ihre Aufgaben nicht erfüllen könnten,

Vereinfacht dargestellt geschieht folgendes:

Beim Einatmen nehmen wir mit der Atemluft Sauerstoff und Qi auf.

Wir essen und trinken, nehmen das Qi von Ernährung und Wasser auf und unsere Nahrung wird von unserem Verdauungssystem in kleinste Bestandteile zerlegt und neu zusammengesetzt, und zwar, um die Nährstoffe in die Zuckerart Glucose umzuwandeln.

In der Milz wird das brauchbare Qi aus den Nährstoffen und aus dem Wasser herausgefiltert und über einen Ast des Meridians „Dreifacher Erwärmer“ hoch in den Brustraum geführt und gemeinsam mit dem Qi der Lunge so transformiert, dass es für den Körper verwertbar wird.

Das Qi gelangt mit dem Sauerstoff in den Blutkreislauf und über den Dünndarm werden die dringend gebrauchte Glucose und andere Stoffwechselprodukte ins Blut aufgenommen.

Durch den Blutkreislauf werden dann Sauerstoff, Qi, Glucose und andere Nährstoffe in alle Teile des Körpers und in die dort befindlichen Zellen transportiert.

Zelleigene Substanzen zerlegen mit Hilfe von Sauerstoff und der Naturkraft Qi die Zuckermoleküle und gewinnen die darin enthaltene Energie.

Bei diesem Spaltungsvorgang entsteht eine Menge gefährlichen Restmülls aus den Glucosemolekülen in Form von freien Elektronen.

Die Elektronen bilden in den Zellen mit bestimmten anderen Molekülen die sogenannten freien Radikalen. Diese müssen möglichst schnell unschädlich gemacht werden, um eine Mutation der DNA im Zellinneren zu vermeiden. Dies könnte im gesamten Organismus einen Supergau durch Mutationen der DNA verursachen.

Nach Erkenntnis der Molekularbiologen hat der Sauerstoff die wichtige Funktion, die freien Elektronen wie ein Schwamm aufzusaugen und sie mit ein wenig molekularer Alchemie zu Kohlendioxid zu verwandeln.

Auch Kohlendioxid ist gefährlich, aber zumindest transportierbar. Das zurückfließende Blut gibt das Kohlendioxid in der Lunge ab und es wird ausgeatmet.

Dass wir nicht an einer Überdosis Elektronen aus dem Restmüll unserer Nahrung sterben, liegt daran, dass die Atmosphäre viel Sauerstoff enthält, den wir einatmen.




©2011 Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

Die Atmung, Teil 1

Wir atmen täglich etwa 10.000 Liter Luft ein und auch wieder aus. Das geschieht meist, ohne bewusst wahrgenommen zu werden.

Der Atemvorgang wird vom Atemzentrum im Hirnstamm ohne unser Zutun über Kontraktion und Entspannen des Zwerchfells gesteuert. Ob wir daran denken oder nicht, wir atmen. Wäre das nicht so, dann wäre spätestens nach fünf oder sechs Minuten unser Leben zu Ende.

Die Atmung kann aber auch willentlich beeinflusst werden.

Das erfolgt über die Nervenbahnen der Großhirnrinde, die mit dem Zwerchfell (die Muskel- platte, die Brustraum und Bauchraum trennt) und der Atemhilfsmuskulatur in Verbindung steht.

Aus unserer täglichen Erfahrung kennen wir den intensiven Zusammenhang und die Wechselwirkungen zwischen Muskelanspannung oder auch allgemeinen Spannungszuständen und Atmung. Unser unbewusstes Atemtempo sowie die Atemtiefe verändern sich mit der Veränderung der auf uns wirkenden äußeren Eindrücke.

Wenn wir uns aufregen, verärgert oder freudig erregt sind, ändern sich unsere Mimik und die Körperhaltung, aber auch Muskeltonus und die Stimmungslage.

In höchster Angst oder Bedrängnis kommt es immer zu einer Behinderung des Atmungsprozesses und gleichzeitig zu einer Einschränkung unserer feinmotorischen Fähigkeiten.

In Angst, höchster Eile oder hochgradiger Erregung einen Schlüssel in ein Schlüsselloch zu stecken, das wir normaler Weise schon tausend mal problemlos aufgesperrt haben, wird in den meisten Fällen erst nach wiederholten Versuchen gelingen .

Bei Atemnot unter Wasser oder bei einem Erstickungsanfall bleibt uns im wahrsten Sinne des Wortes die Luft weg und wir bekommen panische Angst.

Jede Behinderung des Atmungsprozesses führt zu Angst.

Aber auch psychische und körperliche Spannungen können eine Behinderung des Atemprozesses verursachen.

Versuchen Sie einmal, ganz böse oder finster zu schauen. Sie bilden Stirnfalten, verspannen die Gesichtsmuskulatur und pressen die Lippen zusammen. Das überträgt sich, ob sie es wollen oder nicht, auf andere Bereiche der Muskulatur von Brust, Nacken und Bauch.

Versuchen sie, mit angespanntem Gesicht tief zu atmen. Das gelingt nicht, es ist unmöglich. Nur flaches Atmen gelingt. Die Atemluft erreicht weder die oberen noch die unteren Lungenspitzen.

Lösen sie die Grimassen auf, lächeln sie. Das Gesicht entspannt sich und der Atem kann frei und ungehindert lang, sanft und gleichmäßig ein- und ausströmen.

Aber nicht nur dramatische oder emotionale Abläufe führen zur Veränderung von Atemrhythmus und der Muskelspannung.

Auch die uns täglich quälenden und immerfort kreisenden Gedanken, so wie auch Stress führen zu körperlichen Verspannungen und verursachen flaches Atmen.

Unser Körper ist auch von der Evolution nicht dafür geschaffen, täglich acht Stunden in zusammengesunkener Körperhaltung am Schreibtisch zu sitzen. Auch diese Menschen „sacken“ körperlich und seelisch in sich zusammen und die Atmung wird flach. Hier hilft nur Bewegung, wenn möglich in frischer Luft.

Meine Erfahrung mit Atemtherapie und verschiedenen Bewegungsformen zeigt mir, dass die Tiefenatmung alleine, also ohne begleitende körperlich Betätigung, bei längerem Üben nachweislich enorm positive Effekte auf die körperliche und seelische Gesundheit hat, dass aber die die Lungenvitalkapazität (Menge der Luft, die bei tiefem Einatmen wieder ausgeatmet werden kann) auch bei längerem Üben ohne körperliche Bewegung nicht wesentlich verbessert werden kann. Vermutlich sind die Trainingsreize, auch wenn sie über einen längeren Zeitraum gesetzt werden, zu kurz. Nach meiner Erfahrung sind Tai Chi Chuan, Qi Gong in Bewegung und auch milde Ausdauersportarten, die nicht zu Atemnot führen wie langsames Laufen, Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen, Spaziergänge oder leichte Gartenarbeiten etc. für Menschen mit ungenügender Atemfunktion sehr förderlich und die ideale Ergänzung zu Atemtherapie, Meditation und zu Stillem Qi Gong. Der Allgemeinzustand, die Lungenvitalkapazität, das Immunsystem, das Herz- Kreislaufsystem, die Lockerung und Entspannung von Muskeln, Sehnen, Bändern und Gelenken, die Ausdauerleistung etc kann durch Bewegungen dieser Art sehr positiv beeinflusst werden.

Schon die alten chinesischen Mediziner kannten die Auswirkungen und Wechselbeziehungen zwischen der äußeren und inneren Entspannung, zwischen Ruhe und Stille im Inneren und gelassener Bewegung im Äußeren. Mit der Lockerung der Muskulatur entspannt sich auch leichter der gesamte Denkkomplex, so dass sich die umherirrenden Gedanken sammeln.

Nur mit der inneren Stille und äußeren Ruhe ist es auch möglich, tief, lang, langsam und ruhig zu atmen.

Anderseits bewirkt eine angespannte und konzentriere Denksubstanz auch die Anspannung der Muskulatur. Die Atmung bleibt dann flach, es wird zu wenig Sauerstoff aufgenommen, dadurch wird auch schneller und nicht rhythmisch geatmet.

Je entspannter die Muskulatur ist, desto tiefer ist der erreichte Ruhezustand der Gehirnrinde und desto ruhiger und tiefer ist die Atmung.

Je tiefer der Ruhezustand der Gehirnrinde ist, desto weniger umherirrende Gedanken sind vorhanden und desto entspannter sind Muskulatur und Atmung.





© 2011Copyright: Dr. Reinhard Hörmann

Samstag, 15. Januar 2011

Der nächste kleine Schritt zum Daoismus

In den neunziger Jahren nahm ich an zwei China - Reisen Teil, die von einem Institute für Traditionelle Chinesische Medizin mit Schwerpunkt Qi Gong veranstaltet wurden.

Obwohl ich im Jahre 1987 eine Qi Gong- /Tai Chi-Lehrer Ausbildung absolviert hatte, in der Absicht, meine praktischen und theoretischen Kenntnisse zu vertiefen und zu erweitern, wollte ich in China zu den Wurzeln, zu den Ursprüngen vordringen.

Auch der chinesische Hauptreferent dieses ein Jahr dauernden Qi Gong/ Tai Chi
Ausbildungs-Lehrganges war vor Kursbeginn zu einer Meisterin nach China gereist, um dort innerhalb von drei Wochen seine Tai Chi Form überprüfen und verbessern zu lassen, und sich den nötigen Feinschliff zu holen.

Ich war beeindruckt, wie sehr er sein Tai Chi Chuan qualitativ zum Besseren verändern konnte.

Mir wurde dadurch aber auch klar, dass alles, was er mir vermittelte, nicht originär, sondern nur mittelbar war.

Nun, ich reiste also nach China, um zu den Wurzeln des Tai Chi, Qi Gong und der TCM zu gelangen.

Bei beiden Reisen war neben den üblichen Besichtigungen einiger Städte und berühmter Tempel ein etwa zehntägiger Aufenthalt im daoistischen Sakral Bezirk Wudang Shan vorgesehen, wo der Unterricht in Wudang Qi Gong ein wesentlicher Programmpunkt war.

Der uns unterrichtende junge daoistische Meister hatte eine öffentliche Kampfschule in der Stadt Wudang, wo viele Kinder und Jugendliche trainierten und täglich viele Stunden übten. Sie wohnten auch in der Schule und lebten dort einige Monate. Es war ein hartes Training und erforderte unglaubliche Disziplin, alle Bewegungen, Faust- und Beintechniken, wurden synchron in Reihen von 5 bis 10 Teilnehmern ausgeführt. Es waren immer so etwa 30 Kinder und Jugendliche auf dem Trainingsplatz. Das Zusehen machte ungeheuren Spass und die Beweglichkeit und Geschicklichkeit der Mädchen und Buben war beeindruckend. Sie lernten dort aber nicht nur Kampftechniken, sondern auch Selbstdisziplin und daoistisches Denken und Meditation in Stille und Bewegung kennen.

Der Meister hieß You Xuande, war damals meiner Schätzung nach Mitte Dreißig
und Meister in der 14. Generation von Zhang Sanfeng.

Seine persönlichen Schüler, alles junge Männer zwischen achtzehn und dreißig Jahren waren von ihm in einer rituellen, überlieferten Initiation als daoistische Mönche und Adepten der inneren Kampfkunst aufgenommen worden.

Sie sind die 15. Generation von Zhang Sanfeng.

Bedeutend für Zugehörigkeit zu einer daoistischen Generation ist der gemeinsame Generationsname, den jeder aus der Generation führt und der das Motto dieser Generation darstellt.

Alle Mitglieder der 15. Generation heißen „Li“ zum Zeichen der Generationszugehörigkeit.
Das Leitbild dieser Generation ist nach der Bedeutung des Wortes „Li“, „ehrlich“ und auch „klar“ zu sein.

Zum Namen „Li“ hat jeder Adept einen Zusatznamen, der das persönliches Motto oder eine zu fördernde Eigenschaft ausdrückt.

Also zum Beispiel Liyang, Liyin, Limin etc. Der Name wird vom Meister bei der Initiation gegeben.

Der Meister arbeitete mit unserer Reisegruppe und zeigte uns einige Basisübungen zu Qi Gong, einige Übungen aus dem Wudang Qi Gong und einige Bewegungen aus dem Tai Chi- Qi Gong.

Dazu hörten wir berührende Legenden und auch interessante Aphorismen aus dem Daoismus und er lehrte die allgemeinen Grundsätze der inneren Kampfkünste.

Für mich waren da nicht so viele neue Informationen dabei , sodass meine Erwartungen doch nur teilweise erfüllt wurden. Für andere Teilnehmer war alles Neuland und sie waren begeistert. Als ich beim zweiten Besuch im Wudang Shan mit einer anderen Gruppe das gleiche Programm noch einmal durchlief, fragte ich am Ende des Aufenthaltes den Meister, ob er mich auch unterrichten würde, wenn ich alleine zu ihm käme.

In einer Gruppe ist ja immer das Problem, dass man die Schwächsten dort abholen muss, wo sie gerade stehen.

Meister You schien von meiner Idee begeistert und wir fixierten den Termin auf ein Jahr später, und zwar für den September 1995. Da sollte ich, begleitet von einem Dolmetscher, wieder kommen.

Ich reiste zur vereinbarten Zeit an und wir alle wohnten im Tempel Zixiao Gong, im „Tempel zu Purpurnen Wolke“, auch „Palast der Purpurfarbigen Wolke“ genannt. Ich beabsichtigte, drei bis vier Wochen zu bleiben und meine Erwartungshaltung war ungeheuer groß.

Meine Begeisterung wurde aber ein wenig dadurch gedämpft, dass wir wieder einige Tage Basisübungen machten. Meiner Meinung nach war das doch etwas viel an Grundlagentraining. Ich fühlte mich auch nicht gerade als Anfänger und ich brannte darauf, etwas zu lernen, was ich in Europa nicht finden konnte.

Nach drei Tagen sprach ich mit Hilfe meines Dolmetschers dieses Thema beim gemeinsamen Abendessen an und machte mit aller gebotenen Höflichkeit deutlich, dass ich nicht zehntausend Kilometer geflogen wäre und meine auch nicht gerade üppige Freizeit geopfert hätte, um die Zeit in China zur Perfektionierung von einfachen Basisübungen zu verbringen und nichts Neues, nichts für mich Essentielles zu lernen.

Der Meister lächelte mich sehr verständnisvoll an, sagte aber sehr direkt, dass er mich sehr gut verstehe, dass ich aber auch wissen sollte, dass „wirklich Essentielles“ Daoistische Geheimnisse wären, die nur an seine persönlichen daoistischen Adepten der 15. Generation weitergegeben würden, nicht aber an Nicht - Daoisten, die dann ihr Wissen missbrauchen und zum Schaden anderer einsetzen könnten. .

Zur Lösung meines Problems ersuchte ich ihn spontan, mich als Schüler aufzunehmen.

Meine Affinität zur daoistischen Philosophie war ja in den vielen Jahren der Beschäftigung mit diesem Thema immer stärker geworden.

Ich empfand die asiatische Art des polaren Denkens als eine wunderbare Ergänzung zu unserer westlichen, logisch, analytischen Denkweise des Dualismus. Das polare Denken der Asiaten, und zwar aller asiatischen Philosophien, sieht zum Beispiel in den Polen eines Magneten nicht zwei unüberbrückbare Gegensätze, sondern zwei Aspekte, die einander ergänzen und gemeinsam das harmonische Ganze ergebe. Auch Yin und Yang
(weiblicher und männlicher Aspekt, weich und hart, passiv und aktiv etc., ergänzen einander zum Ganzen und bilden eine Einheit wie die zwei Seiten einer Münze.

Unser Dualistisches Denken definiert ganz klar in Gegensätzen. Etwas ist wahr oder nicht wahr, es ist, oder es ist nicht, hell oder dunkel, Recht oder Unrecht etc.

Ein tieferer Einstieg in den Daoismus war also auch aus philosophischer Sicht für mich sehr reizvoll.

Er war kurz still, dann sagte nicht zu und nicht ab. Er verwies nur auf die schon vorgerückte Stunde und meinte, er plane, unsere Übungen morgen wie jeden Tag um 6.00 Uhr früh zu beginnen..

Wir absolvierten am nächsten Morgen wie immer schweigend unsere Lockerungsübungen und auch beim Frühstück um 7.30 Uhr wurde nichts über mein Ansinnen gesprochen.

Er kündigte mir nur an, dass wir um 9.00 Uhr mit dem Unterricht einer hunderte Jahre alte daoistischen Form (zusammenhängende Bewegungssequenzen) der Inneren Kampfkunst beginnen würden.

Ich war darüber sehr glücklich und als ich die Stufen zu unserem Übungsplatz im Innenhof des Tempels voller Erwartungen hoch stürmte, wartete dort schon Meister You Xuande und übergab mir mit einem ungewohnt breiten Lächeln ein dunkelblaues Gewand der daoistischen Mönche und ein wunderbares Schwert mit außerordentlich weicher Klinge.

Er sagte, ich solle das anziehen und dann mit meinem Dolmetscher einige traditionelle chinesische Wörter für die Initiation lernen. Das sonst übliche schriftliche Aufnahmegesuch würde er mir erlassen, da er doch schon einige Zeit lang mit mir geübt hätte und schon ziemlich gut kenne.

Er tolerierte auch, dass ich in meinem Unwissen die Tradition gebrochen und formlos um Aufnahme gebeten hatte.

Kurz darauf wurde dann die Zeremonie in Anwesenheit einiger meiner Brüder der 15. Generation Zhang Sanfeng durch meinen Si Fu (Meister) im Tempel Zixiao Gong vorgenommen.

Vor der Statue des Zhen Wu (des Ahnherrn der Wudang Schule, auch „schwarzer Krieger“ genannt) kniend gab ich mein Gelöbnis ab, wurde aufgenommen und erhielt den Dao - Namen „Liqing“.

Ich war damit ein „Wudang Dizi“ geworden.

Ich hatte in den Jahren 2005 bis 2008 auch beruflich viel Zeit in China verbracht und wann immer durch einen meiner Dolmetscher bekannt wurde, dass ich ein „Wudang Dizi“,
ein „Jünger“ oder „Zögling“ der berühmten und in China hoch geschätzten Wudang Schule der inneren Kampfkünste wäre, musste ich sofort, auch in Restaurants oder Büros von Politikern etc. einige Bewegungssequenzen des Wudang Tai Yi oder Wudang Tai Chi vorführen.

Dass ein Europäer diesen Weg geht, verwunderte viele meiner chinesischen Gesprächspartner und rang ihnen doch einigen Respekt ab.

Ich musste natürlich so manches erzählen, oft solang, bis auch die letzte Flasche Reisschnaps gelehrt war. Danach war meistens meine Position und mein Standing viel besser als vorher.

Ich wurde dadurch von der Langnase (so werden wir aus dem Westen in China genannt) zu einem Gesprächspartner, dem man mit einiger Achtung und viel mehr Offenheit begegnete.

Meister You führte mir mein neues Lebensmotto durch den Namen „Liqing“ ebenfalls vor Augen.

Li das heißt „Ehrlich und Klar“ sein, das galt für jeden unserer Generation,

Der persönliche Name Qing bedeutet „ absichtslos“ sein.

Ein sehr treffender daoistischer Name für einen Mann wie mich, der sein ganzes Leben lang zielorientiertes Denken und Handeln gelernt und praktiziert hatte.

„Liqing“ ist gleichsam ein Synonym zur Kernaussage und Grundidee der klassisch daoistischen Lebensführung: „WU WEI“

„Wu Wei“, heißt „ Absichtsloses Tun“, „Tun im Nichtstun“, Wollen im Nichtwollen.








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Sonntag, 9. Januar 2011

Die „Inneren Nährenden Atemübungen“ , Teil 2

Die im Post „Innere Nährende Atemübungen“, Teil 1, vorgestellten Grundsätze für alle Atemübungen des „Inneren Nährenden Qi Gong“ gelten auch für die hier vorgestellte 2. Methode.

Die Atmung ist lang und tief, Bauchatmung, Ein- und Ausatmung erfolgt durch die Nase.

2. Methode: Atmung zur Stärkung des Yin

Das ist die Methode des sogenannten sanften Atmens.

Die Wirkung dieser Methode des „sanften Atmens“ tritt langsamer ein als die Wirkung der Methode des „harten Atmens“

Das „Sanfte Atmen“ stärkt die Funktionen des Parasympathicus .

Die Atemtechnik des „Sanften Atmens“:

Der Zyklus dieser Atmung beginnt mit der Ausatmung, die Zunge legt sich dabei locker in den Mund, dann folgt eine Pause, die Zunge bleibt unten, dann Einatmen, die Zungenspitze kommt hinter die oberen Schneidezähne und ohne Pause folgt das Ausatmen, wobei die Zunge wieder unten zu liegen kommt, und in der folgenden Pause liegen bleibt.

Das Prinzip ist beim harten und beim sanften Atmen gleich, beim Einatmen kommt die Zungenspitze immer hinter die oberen Schneidezähne an den harten Gaumen, beim Ausatmen geht die Zunge immer hinunter und liegt im Mund unten. In der Pause bleibt die Zunge immer, wo sie vor der Pause war. Bei der sanften Atmung bleibt sie in der Pause nach der Ausatmung locker unten, bei der harten Atmung bleibt die Zungenspitze in der Pause nach der Einatmung am harten Gaumen hinter den oberen Schneidezähnen.

Ausatmen, man denkt dabei „entspannen“, die Zunge legt sich hinunter, dann folgt die Pause, die Zunge bleibt unten, man denkt in der Pause „still werden“, oder „Kraft und Gesundheit“, oder, wenn dann das Atemvolumen es zulässt, andere positive Wörter oder einen positiven, affirmativen Satz wie „alles ist gut“ etc.

Diese „sanfte Atmung“ wird empfohlen mit folgenden Symptomen:

Bluthochdruck, rotes Gesicht, Verdauungsprobleme durch Verstopfung, bitterer Geschmack im Mund, Mundgeruch, Herzklopfen, Schlaflosigkeit, aufbrausende Menschen.

Diese Atemtechnik kann wegen der beruhigenden Wirkung problemlos auch am Abend praktiziert werden.

Beide beschriebenen Methoden bewirken eine Harmonisierung von Yin-und Yang Aspekt,indem sie den vorliegenden Yang - Mangel (hartes Atmen) oder Yin - Mangel (sanftes Atmen) ausgleichen.

3. Methode: Atmung zur Stärkung von Yin und Yang

Die dieser Atmung zugrunde liegenden Prinzipien sind gleich wie die der vorher beschriebenen Methoden. Auch die affirmativen Wörter und Sätze können übernommen werden.

Unterschiedlich ist nur die Atemtechnik:

Einatmen – Pause - Einatmen - Ausatmen, Einatmen – Pause - Einatmen - Pause

Also Einatmen von etwa 50 bis 70 % der gesamten Einatmung , Zungenspitze kommt dabei hinter die oberen Schneidezähne, Pause, die Zunge bleibt oben, weiter Einatmen, Zunge bleibt oben, Ausatmen, Zunge geht hinunter.

Bei dieser Methode liegt der Schwerpunkt beim zweimaligen Einatmen, das von einer Pause unterbrochen wird. Das Ausatmen sollte aber keineswegs vergessen werden und zu kurz ausfallen, da die verbrauchte Atemluft ausgeatmet werden muss.

Die Methode zur Stärkung von Yin und Yang wird besonders empfohlen für:

Blut- und Energieschwache Personen, die immer müde sind, bei Magensenkung, für Diabetiker, für Krebspatienten in Rehabilitation.

Bei allen der in den drei Methoden vorgestellten Atemübungenübungen lenkt man die Aufmerksamkeit darauf, dass der Atem gedanklich in den Unterbauch fliesst, also in das untere Dantien, das ist das bereits beschriebene Hauptenergiezentrum des Menschen, das 3 bis 5 Querfinger unter dem Nabel im vorderen Unterbauch liegt.

Ziel ist es, die beschriebenen Übungen reflektorisch auszuüben. Um das zu erreichen, sollte jeden Tag geübt werden. Nach etwa drei Wochen regelmäßigen Übens empfindet man das Gefühl, dass die Atemluft beim Einatmen bis zu diesem Hauptenergie - Bereich (Dantien) gelangt. Das Ziel, eine guten Bauchatmung zu erlernen, ist damit erreicht und alle anderen positiven Wirkungen wie die Stärkung der Magen- und Darmperistaltik, Regulierung des Blutkreislaufes und die Verbesserung der Stoffwechselfunktionen werden nach und nach einsetzen und schon kurzfristig wird durch die Beruhigung der Gehirnrinde die Beruhigung des Gesamtorganismus eintreten.

Nicht vergessen, Abschluss ist immer die bereits beschriebene Phase der Ruhe.

Die beschriebenen Methoden lernte ich von Frau Dr. Liu Ya Fei im Jahre 1995. Sie unterrichtete mich in „Innerem Nährenden Qi Gong“ (Stilles Qi Gong), weiters in „Qi Gong zur Stärkung der Sehnen und des Energieflusses“ (Qi Gongin Bewegung) und in ergänzenden Übungen.

Vieles von dem hier Geschriebenen stammt aus Mitschriften von Gespräche mit
Frau Dr. Liu Ya Fei.

Frau Dr. Liu Ya Fei ist Chefärztin in der seit den fünfziger Jahren bestehenden Qi Gong Rehabilitationsklinik in Beidaihe.

Ihr Vater und Lehrer, der chinesische Arzt und Wissenschaftler Dr. Liu Kui-Chen publizierte 1955 seine wissenschaftlichen Erkenntnisse über die chinesische Atemtherapie, wodurch auch sowjetische Fachkreise darauf aufmerksam wurden. Die Ergebnisse von Dr. Liu Kui-Chens Arbeit waren so sensationell, dass auf dieser wissenschaftlichen Grundlage die atemtherapeutischen Heilanstalten in T'angschan, Schanghai und die Lungenheilanstalt Krim gegründet wurden.

Um diese alten atemtherapeutischen Heilmethoden in Heilanstalten anwenden zu können, mussten diese seit tausenden Jahren gesammelten Erfahrungen und Praktiken von Dr. Liu überprüft und auf ihren wissenschaftlichen Wert, sowie auf eine möglichst Breite Anwendbarkeit untersucht werden. Dr. Liu wendete diese Methoden zuerst in Selbstversuchen an und als er vom Erfolg überzeugt war, zunächst einmal mit großem Erfolg an Lungenkranken, später bei Magen- und Darmerkrankungen

In der Folge setzte dann in den Sanatorien eine intensive Forschungstätigkeit ein, deren Ergebnisse in Fachkreisen publiziert wurden und viele der auftretenden Heilerfolge konnten wissenschaftlich begründet werde.








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Die „Inneren Nährenden Atemübungen“, Teil 1

Im Post "Entspannung im Liegen" ging es um Entspannung im Liegen. Dies ist die erste Stufe des Inneren Nährenden Qi Gong. Neben der erklärten Methode zur Entspannung gibt es alternativ noch weitere Entspannungsmethoden, die in einem der Folgepost beschrieben werden.

Wichtig ist, dass die Atemübungen, welche die zweite Stufe des „Inneren Nährenden Qi Gong“ darstellen und die unmittelbar an die Entspannung folgen( dazu Post "Entspannung im Liegen"), auch mit normal gefülltem Magen durchgeführt werden können. Niemals mit leerem Magen oder mit Hungergefühl üben!
Nur in Seitenlage sollte man ganz wenig im Magen haben.

Darin unterscheiden sich diese Übungen von den Yogaübungen, bei denen meistens ein leerer Magen vorgeschrieben ist.

Die Reihenfolge der kompletten Übung ist also:

1. Entspannungsübung
2.Atemübung
3.Phase der Ruhe

Grundsätzliche gilt für alle Atemübungen im Inneren Nährenden Qi Gong folgendes:

Die Atmung ist tief und lang! Das heißt Bauchatmung. Ein- und Ausatmen erfolgt durch die Nase.

Beim Einatmen berührt die Zungenspitze den harten Gaumen hinter den oberen Schneidezähnen, beim Ausatmen geht die Zunge nach unten und liegt entspannt im Mund.

Es wird immer Bauchatmung angewendet, um den größtmöglichen Teil der Lunge in den Atemvorgang mit einzubeziehen. Man atmet in der Vorstellung tief in den Unterbauch ein.

Dadurch wird beim Einatmen das Zwerchfell nach unten gedrückt und die Baucheingeweide werden leicht komprimiert.

Das bewirkt einen heraus gewölbten Unterbauch im Bereich unterhalb des Nabels. Die Wirkung kann noch verstärkt werden, indem man das „Perineum“ (Region zwischen After und Geschlechtsorgan) anspannt, das ist in der Regel besonders wohltuend für Männer mit Prostata Problemen.

Beim Ausatmen kommt der Unterbauch von selbst in die Ursprungslage zurück.

Nach den Aspekten von Yin und Yang ist das Ausatmen ein passiver Vorgang, also Yin-Aspekt , und das Einatmen ein aktiver Vorgang, also Yang-Aspekt.

1. Methode: Atmung zu Stärkung des Yang

Das ist die Methode des sogenannten harten Atmens. Sie stärkt die Nerven und die Funktionen des Sympathicus.

Da durch diese Übung eine Aktivierung erfolgt, sollte die Übungen am Morgen, jedenfalls aber nicht abends oder vor dem Einschlafen praktiziert werden. So wie es ratsam ist, weder Kaffee oder Tee vor dem Einschlafen zu trinken!



Die Atemtechnik des harten Atmens:

Einatmen, die Zungenspitze berührt den Gaumen hinter den oberen Schneidezähnen, und man denkt während des Einatmens „Ruhe“,

dann hält man den Atem an, die Zunge bleibt oben hinter den Schneidezähnen, man denkt „Stille“ oder, wenn es die Atemlänge erlaubt, „still werden“,

dann atmet man aus, die Zunge geht hinunter und man denk dabei „Entspannen“ oder, wenn das für das Atemvolumen zu lange ist, denkt man nur „locker“.

Durch ständiges Üben verbessert sich das Atemvolumen und entsprechend länger kann die Atempause gestaltet werde. Die Atempause wird so ausgedehnt, dass man letztendlich in der Pause mit der Zunge am oberen Gaumenbogen sieben Wörter oder entsprechende positiv stimmende Sätze, die man sich selbst zusammenstellt, ohne Atemnot denken kann. Die Atemlänge nie überziehen! Immer locker und mühelos atmen und und nie anstrengen.

Diese Atemtechnik wird besonders empfohlen für Menschen mit folgenden Symptomen:

Angst vor Kälte, auffallende Neigung zu Erkältungskrankheiten, niedriger Blutdruck , Blutarmut, Blässe, Kurzatmigkeit, schnell ermüdend, kalte Hände und Füße, Verdauungsprobleme mit Durchfall, Nervenschwäche, Ängstlichkeit

Die Optimale Übungsdauer für die Atemübungen beträgt 10 bis 20 Minuten.

Unmittelbar nach den Atemübungen folgt die (im Post "Entspannung im Liegen" beschriebene) Phase der Ruhe.

Im Nächsten Post folgt die 2. Methode: Atmung zur Stärkung des Yin,

das sogenannte „sanfte Atmen“ , mit Effekt auf den Parasympathicus

und danach die die 3. Methode, das Yin-Yang stärkende Atem, die Methode für Blut- und Energie schwache Menschen,

sowie für Menschen mit permanenter Müdigkeit, Magensenkung, Diabetes und Krebspatienten in Rehabilitation.




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Freitag, 7. Januar 2011

Entspannung im Liegen

Heute geht es um eine Übung aus dem „Inneren Nährenden Qi Gong“ .

Dieses Qi Gong wurde in 3 Stufen aufgebaut,

die erste Stufe ist Innere und äußere Entspannung,

die in der zweiten Stufe mit konzentrierten Atemübungen weitergeführt wird,

die dritte und höchste Stufe ist die Stufe der Meister: Wu Wei, Höchste Harmonie und Leere, der Körper ist mit Umwelt und Kosmos eins, ruhig und leicht, ohne Form, ohne Polarität, das Qi der Natur wird vom Geist aufgenommen, der ganze Körper atmet durch die Poren,

Inneres Nährendes Qi Gong gehört zum „Stillen Qi Gong“. Schon im Ersten Blog wurde dargelegt, dass im Qi Gong das „Stille Qi Gong“ den Yin Aspekt und das „Bewegte Qi Gong“ den Yang Aspekt des darstellt. Nur wer beide Qi Gong Arten übt, kann die volle Wirksamkeit des Qi Gong zur vollen Entfaltung bringen.

Diese Übung ist leicht zu Erlernen und auch für Kranke bestens geeignet und bewirkt neben äußerlicher und innerlicher Entspannung ein verbessertes Allgemeinbefinden, einen tieferen Schlaf und eine gute Regulierung des Blutdrucks.

Voraussetzungen sind eine ruhige Umgebung, bequeme, eine nicht zu weiche und auch nicht zu harte Unterlage, lockere Kleidung, eng sitzende Kleidung sollte gelockert werden, Körper entleeren, nach Bedarf etwas trinken, als Unterlage kann ein Polster unter Kopf, Nacken und obere Schulterpartie gelegt werden kann. Die Halswirbel dürfen aber auf keinen Fall gebeugt werden. Bei Kältegefühl ist auch gegen eine leichte Decke zum Wärmen nichts einzuwenden. Bei verstopften Atemwegen sollte die Übung nicht praktiziert werden.

Der Übende liegt am Rücken, die Arme locker ausgestreckt seitlich neben dem Körper, die Hände mit den Handflächen nach unten.

Die Beine sind locker ausgestreckt, die Fersen sind beisammen, die Füße kippen zur Seite.

Der Liegende entspannt seinen Körper und prüft, ob er angenehm liegt. Er geht mit seiner Aufmerksamkeit vom Kopf über Nacken, Brust, Bauch und Rücken nach unten, die Lendenwirbel liegen locker auf der Unterlage (kein Hohlkreuz) und das Becken wird, falls es schief liegt, gerade ausgerichtet. Becken und Beine sind ganz locker. Der Atem fliest ruhig,langsam, sanft und gleichmäßig.

Die Augen liegen entspannte in den Höhlen, die Augenlider sind halb zu, die Augen sind nach unten gerichtet, um den Mund liegt ein leichtes Lächeln, die Zähne sind nicht aneinanderpresst, die Lippen sind fast offen und fast geschlossen, die Zunge liegt entspannt im Mund und berührt sanft den Gaumenbogen hinter den Zähnen.

Während man einige Minuten natürlich und ruhig durch die Nase ein und ausatmet richtet die Aufmerksamkeit ausschließlich auf das Atmen. Bald sollten herumschwirrende Gedanken von selbst immer weniger werden und das manchmal vorhandene geistige Geschwätz verschwinden. Aufkommende Gedanken nicht verfolgen, nicht abwehren, einfach nicht darauf einlassen und sich nicht kümmern. Das Atmen beobachten.

Mit der nächsten Einatmung atmet man „Ruhe“ in den Kopf ein, beim Ausatmen entspannt man Kopf, Gesicht, Stirn und Hinterkopf von oben nach unten. Die gesamte Muskulatur am Kopf wir bei jedem Atemzyklus immer beim Ausatmen von oben nach unten, also von der Schädeldecke nach unten entspannt. Das wird solange gemacht, bis diese Sektion tief entspannt ist,

dann folgt das Einatmen von „Ruhe“ in Hals, Nacken, Schultern, Arme und Hände,mit dem Ausatmen wird Hals, Nacken, Schultern, Arme und Hände von oben nach unten bis zu den Fingerspitzen entspannt.

Nach der Entspannung dieser Sektion folgen

dann Brust und oberer Rücken, das Prozedere ist das gleiche, einatmen von „Ruhe“, Entspannung des Segments von oben nach unten beim Ausatmen,

dann folgt die Sektion Bauch, Lenden- und Beckenbereich,

dem folgen die Beinen, also Oberschenkel und Unterschenkel,

und letztlich dann die Füße, von den Fußknöcheln bis zu den Zehenspitzen, mit besonderer Aufmerksamkeit auf die Entspannung der Fußsohlen und Zehen.

Nun sollte äußerliche und innerliche Entspannung eingetreten sein.

Hier wird noch einmal auf die Wechselbeziehung zwischen Entspannung der Muskulatur und der Gehirnrinde aufmerksam gemacht: Die Entspannung der Muskulatur überträgt sich auf die Gehirnrinde und ruft dort eine Entspannung hervor, die Gehirnrinde beruhigt sich.

Den Abschluss bildet die Phase des Ausruhens:

Die Aufmerksamkeit einige Minuten zwanglos auf das Dan-t'ien gerichtet.

Das Dan-t'tien ist das Hauptenergiezentrum im menschlichen Körper und liegt im Unterbauch, drei Querfinger unterhalb des Nabels.

Bevor man wieder aufsteht, atmet man einige mal tief ein und aus, streckt und reckt sich wie beim Aufwachen morgens im Bett, streckt Arme und Beine, gähnt nach Herzenslust, dreht den Körper einige mal nach links und rechts und setzt sich dann über die rechte Körperseite auf.

Die Entspannungsübung gelingt umso besser, je öfter man sie wiederholt.

Sie kann auch im Sitzen oder auch im Stehen gemacht werden. So kann auch beim Reisen im Zug oder Flugzeug oder als Mitfahrer im Auto die Zeit für eine Übung des Stillen Qi Gongs genutzt werden.

Zu allerletzt muss noch einmal betont werden, dass diese Phase des Ausruhens einen wesentlicher Bestandteil des „Inneren Nährenden Qi Gong“ darstellt, weil keine Regulierung des Organismus erreicht werden kann, wenn der Ausgleich der beiden Zustände von Yin und Yang nicht stattgefunden hat.

Mittwoch, 5. Januar 2011

Auch die längste Reise beginnt mit einem kleinen Schritt (Laotse)

Im ersten Jahr meines Jurastudiums hatte ich das Kolloquium in Rechtsphilosophie zu absolvieren, wo neben den neuzeitlichen Themen auch die abendländische Wurzeln der Rechtsphilosophie und auch die fernöstlichen Denkschulen eines Laotse, Dschuang Dsi, Konfuzius und anderer Großer Denker behandelt wurden. Während Konfuzius, dessen zentrales Thema die „Ordnung der Gesellschaft“ war, für uns im Westen relativ leicht zu verstehen ist, erfordert das Annähern an das Gedankengut des Tao Te King, das bedeutendste Werk des Daoismus, welches Lao Tse zugeschrieben wird, ein intensives Studium.

Hermann Hesse sagte:“ Die größte Herausforderung unseres Jahrhunderts ist, den Daoismus zu verstehen“.

Ich war und bin von diesem Klassiker von Anfang an fasziniert und er hat seit dem ersten Kontakt mein Denken und meine Lebensphilosophie geprägt.

Parallel zu der intellektuellen Auseinandersetzung mit den chinesischen Klassikern und dem historischen Hintergrund tauchten erstmals Begriffe Tai Chi, Qi Gong usw. in meiner Gedankenwelt auf und machten mich neugierig.

Irgendwann erzählte ein Bekannter, dass er in Japan in einem Tempel ein Seminar über Makrobiotik besucht hatte und da während seines sechswöchigen Aufenthaltes Tai Chi Chuan von einem europäischen Lehrer gelernt hätte. Dieser Bekannte hielt dann makrobiotische Ernährungsseminare nach Georges Oshawa und Michio Kushi mit Tai Chi Chuan als Schwerpunkt ab.

Ich meinte, ich hätte endlich Gelegenheit, diesen wesentlichen Teil der daoistischen Inneren Kampfkünste zu lernen und war letztlich maßlos enttäuscht. Die Bewegungen ähnelten ein wenig denen, die ich aus den damals aktuellen Kung Fu filmen kannte und auch die Benennung einzelner Figuren, (Figuren nennt man im Tai Chi Chuan die einzelnen Bewegungssequenzen, aus denen die sogenannte Form, also die aneinandergereihten Bewegungssequenzen, zusammengesetzt ist) die mein neuer Lehrer wählte, waren verwirrend. Eine Bewegungssequenz nannte er „Wäsche aufhängen“, was absolut nicht auf einen chinesischen Ursprung hinwies. Die chinesischen Meister benutzen für solche Bewegungssequenzen Ausdrücke wie: „Spatzenschwanzfangen“, „Nadel auf dem Meeresgrund“, „Mähne des Wildpferdes streicheln“ und ähnliches. Nun, ich versuchte innerhalb von 2 Jahren immer wieder einen Zugang zu Tai Chi zu erlangen, und auch zu den Qi Gong Übungen, die mir ebenfalls etwas holprig und unkoordiniert schienen, und obwohl ich so erwartungsvoll begonnen hatte, konnte ich mich dafür nicht begeistern.

Ich spürte beim Üben absolut nichts, weder mental, noch körperlich, noch psychisch. Nichts war mit dem Wahrnehmen von Qi und sonstigen erwarteten Sensationen wie Auflösung von Energieblockaden, Hitzeentwicklung, Kribbeln entlang der Meridiane und was sonst noch alles beschrieben und in Aussicht gestellt wird. Letztlich hielt ich das alles für eine gruppendynamische Erscheinung, wo jeder das erfüllen will, was er sich an Effekten erwartet oder was er meint, was eintreten sollte. Wenn in einer Gruppe von Lernenden und Übenden jeder ein Feedback gibt und beschreibt, was für Sensationen er spürt, gibt es wenige, die den Mut haben, aus der Reihe zu tanzen und zu sagen, dass sie gar nichts spüren. Die Folge war, dass ich aufgab und mich exzessiver meinem Sport zu wandte. Doch dieses Kapitel war offensichtlich für mich noch nicht abgeschlossen. Es dauerte nicht lange, bis quasi „vor meiner Haustür“ in meiner Heimatstadt von einem chinesischstämmigen Tai Chi Lehrer einige Seminare angeboten wurden, wo ich dann erstmals unter Anleitung eines kundigen Lehrers die Grundprinzipien und die richtigen Bewegungen (als ersten kleinen Schritt) von Tai Chi und Qi Gong erlernte. Schon von Beginn an konnte ich die positiven Effekte für Körper, Geist und Gemüt wahrnehmen, spürte nach und nach mit Fortdauer der Übungen das Qi im Körper fließen, fühlte mich nach den Übungen wie neu geboren, wie einem erfrischenden Bad entstiegen, frei von allen lästigen Verspannungen und die bei den Übungen gewonnene innere Gelassenheit floss mit den Jahren immer mehr in meinen Alltag ein.

Der nächste kleine glückliche Schritt war dann, dass ich in Frau Dr. Josephine Zöller aus Berlin (im Jahr 1984), eine Pionierin der Qi Gong Szene in Europa, kennenlernen durfte.

Frau Dr. Zöller erzählt uns in Ihren Seminaren die spannende Geschichte, wie es dazu kam, daß sie traditionelle chinesische Medizin (TCM) studierte:

Als Berliner Ärztin hatte sie eine schwere Krankheit an einem Auge erblinden lassen, dazu kam, dass sie laut eigener Aussagen befürchtete, früher oder später an den Rollstuhl gebunden zu sein und früh pensioniert wurde. In dieser schwierigen Situation erfüllte sie sich den lange gehegten Wunsch, nach China zu reisen und im Krankenhaus von Xian die TCM zu erlernen.

Sie erzählte anlässlich Ihrer Seminare, die ich besuchte, schier Unglaubliches über das Können der Qigongmeister, wobei sie das meiste persönlich gesehen und erlebt hatte.

Einer Meister war in der Lage, die molekulare Konsistenz des Wassers zu verändern.

Ich bin der Frage, wie die neue Konsistenz des Wassers dann war, nie nachgegangen, aber angeblich gibt es darüber Analysen und Protokolle und diese Sensation sei von einer wissenschaftliche Kommission bestätigt worden.

Ein anderer Qi Gong Meister verbog über eine Entfernung von 2000 km Nähnadeln, die in einem verschlossenen und versiegelten Glas – Behälter lagen, mit seiner Geisteskraft. Auch darüber gibt es glaubwürdige Berichte.

Bei einer Qi Gong Vorführung in einer Sport- Halle in Peking wurden 5.000 Zuseher Zeugen, wie ein Qi Gong Meister den Kopf seines 7- jährigen Sohnes auf einen Ziegel legte und dann auf dem Kopf des Kindes einige weitere Ziegel platzierte,welche von der Mutter des Kindes gehalten wurden. Dann schlug der Qi Gong Meister zum Entsetzen der Zuschauer mit einem Eisenschlegel auf den obersten Ziegel. Alle Ziegel zersprangen, auch der Unterste, der Junge aber blieb unversehrt und heil.

Vieles von dem, was sie erzählte, grenzte an Zauberei.

Im Krankenhaus von Xian erlebte sie, wie hellsichtige Kinder ihre Fähigkeiten bewiesen. Die Ärzte oder auch Krankenhauspatienten oder unabhängige ausländische Besucher schrieben, was immer sie wollten, verborgen auf einen kleinen Zettel oder machten eine Zeichnung. Die Kinder saßen mit dem Gesicht abgewendet und es gab weder Spiegel noch konnte ihnen irgendwer Zeichen geben. Der Zettel wurde verdeckt eingerollt und einem der Kinder ins Ohr gesteckt. Das Kind hatte ebenfalls Papier und Bleistift vor sich auf dem Tisch liegen und zeichnete dann auf dem Papier nach, was es vor seinem geistigen Auge sah. Auch Wörter in anderen Sprachen und fremde, den Kindern völlig unbekannte Worte und Schriftzeichen und Buchstaben wurden fehlerlos nachgezeichnet. Sie erklärten, dass sie sich konzentrierten und, wenn ihr Kopf im Inneren ganz hell wurde, sahen sie, was auf dem Papier in ihrem Ohr war. Diese hellsichtigen Kinder, die im Krankenhaus in der menschlichen Anatomie geschult worden waren, konnten in die Körper der kranken Patienten sehen und Veränderungen im Inneren der Menschen bis ins kleinste Detail beschreiben. Für die Ärzte war das natürlich eine Große Hilfe beim Finden der korrekten Diagnose.

Eines der Kinder schaute Frau Dr. Zöller, als sie die Kinder das erste mal im Krankenhaus traf, ins Gesicht und sagte: Das eine Auge ist nicht durchblutet.
Niemand konnte das von außen sehen. Auch ein Augenarzt nicht. Aber sie war tatsächlich auf diesem Auge blind.

Einige dieser Erlebnisse sind in ihrem Buch „Das Tao der Selbstheilung“ nachzulesen, das übrigens eine empfehlenswerte Lektüre für Interessierte ist, die sich über Qi Gong tieferes Wissen aneignen wollen.

Ihre Schilderungen, die ich zugegebener Maßen anfangs doch etwas skeptisch betrachtete, waren für mich der Grund, selbst nach China zu fahren (ein weiterer kleiner Schritt in Richtung Dao) und berühmte Qi Gong Meister in insgesamt 5 chinesischen Provinzen aufzusuchen. Ich konnte mich mit meinen eigenen Augen von ihren Fähigkeiten überzeugen.

Am meisten beeindruckte mich damals, dass diese über 70 Jahre alte Ärztin, die Deutschland nicht im besten Gesundheitszustand verlassen hatte, bei ihren Seminaren geistig jung, frisch und humorvoll agierte und auch körperlich beweglich und gelenkig wie ein junges Mädchen war.
Selbst die jüngeren Seminarteilnehmerinnen und die sportlichsten Männer waren bei weitem nicht so beweglich und konnten die Beine nicht so hoch vor und über die Kopfhöhe heben wie diese alte Dame. Das hat mich tief beeindruckt und ist das beste Zeugnis, was auch im körperlichen Bereich mit Qi Gong erreichbar ist.

Von unschätzbarer Bedeutung ist heute noch die Tatsache, dass Frau Dr. Zöller als Schulmedizinerin mutig und ohne jeden Vorbehalt nach China ging, um TCM zu erlernen und dort neben vielen anderen Qi Gong Arten auch Guolin Qi Gong praktizierte. Guolin Qi Gong wird mit unglaublichem Erfolg bis zum heutigen Tag in der Behandlung von schweren chronischen Krankheiten und in der Krebstherapie eingesetzt. Dr. Zöller unterrichtete und verbreitete Qi Gong im deutschen Sprachraum, wo sie, so wie einige andere bekannte Mediziner(innen) aus Deutschland und Österreich, die hervorragende Bücher über TCM und Qi Gong schrieben (einige dieser Bücher habe ich mit Begeisterung gelesen und werde sie in Folge-Posts empfehlen), wesentlich dazu beitrug, dass Qi Gong nach und nach von der westlichen Schulmedizin als komplementäre Heilmethode Anerkennung fand. Dazu sei angeführt, dass schon im Jahre 1976 im Ludwig Boltzmann Institut in Wien eine Mandeloperation unter Akupunkturanästhesie erfolgreich durchgeführt wurde. Meines Wissens war dies die erste Operation dieser Art in Europa.


Mehr über Guolin Qi Gong und meine Erlebnisse in China werde ich in einigen der folgenden Posts beschreiben.



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